28.11.2011

Interviewserie „Wer entscheidet in Westfalen?“: Dr. Ottilie Scholz, Oberbürgermeisterin der Stadt Bochum

Bochum (wh). Als Ottilie Scholz im Oktober 2004 das Amt der Oberbürgermeisterin antrat, erschütterte die Stadt eine Hiobsbotschaft: Opel plante den Abbau von Tausenden Arbeitsplätzen und stellte den Standort Bochum komplett in Frage. Ein Einstand, der deutlich macht, dass große Herausforderungen auf die erste Bürgerin der Stadt zukommen. Im Interview mit "Westfalen heute" erzählt die studierte Soziologin, warum sie trotzdem jeden Tag gerne ins Büro geht und dass eine gute Currywurst manchmal das beste Mittel gegen Stress ist.

"Oh Bochum, du Perle Westfalens"" heißt es im "Bochumer Jungenlied". Was macht Ihre Stadt zur Perle Westfalens?
Dr. Ottilie Scholz: Im Bochumer Jungenlied ist Bochum die "Perle Westfalens", bei Herbert Grönemeyer ist Bochum die "Blume im Revier". Das zeigt genau, was diese Stadt ausmacht: Sie liegt mitten drin und hat sowohl einen Bezug zu Westfalen als auch zur Metropole Ruhr.

Gibt es in Bochum ein westfälisches Identitätsgefühl? Oder sehen sich die Bürger doch eher als Ruhrpottler?
Auch hier trifft wohl beides zu. Das Thema Westfalen ist bei den Menschen präsent. Aber es gibt eben auch eine sehr starke Identifikation mit dem Ruhrgebiet. Unterm Strich denke ich, dass die Metropole Ruhr, die ja Teile Westfalens mit einschließt, den Bochumern mittlerweile etwas mehr Identifikation bietet. Da hat auch das Kulturhauptstadtjahr viel zu beigetragen.

Sie haben von 1981 bis 1990 in Köln gearbeitet, kennen also auch das Rheinland sehr gut. Welche Unterschiede haben Sie zu Westfalen wahrgenommen?
Ich bin immer zurückhaltend mit solchen holzschnittartigen Charakterisierungen von Menschen aus einer bestimmten Region. Während meiner Zeit in Köln habe ich aber festgestellt, dass die Rheinländer manchmal etwas leichtfertiger agieren als die Westfalen. Hier im Ruhrgebiet und in Westfalen spielen Tugenden wie Bodenständigkeit und eine gewisse Direktheit eine wichtige Rolle. Was ich an den Menschen besonders schätze ist ihre Solidarität. Gerade in Bochum haben wir schon oft erlebt, dass die Bürger sich in schweren Zeiten gegenseitig stärken und auch zur Wehr setzen. Ich denke dabei an Opel oder Nokia. Dieser Zusammenhalt hat viel mit der Tradition des Bergbaus zu tun. Damals mussten die Menschen unter Tage auch aufeinander aufpassen und sich auf den anderen verlassen können.

Wie verbringen Sie Ihre Freizeit in"
"hab ich nicht. Und das ist leider kein Witz, weil ich auch abends sehr viel beruflich unterwegs bin. Glücklicherweise habe ich als Oberbürgermeisterin viele Termine, bei denen ich das Freizeitangebot der Region erleben kann. Keine Frage: Das Ruhrgebiet und Westfalen haben einen hohen Freizeitwert mit einer einmaligen Mischung: Auf der einen Seite ist das Ländliche mit dem vielen Grün und auf der anderen Seite ist das tolle Kulturangebot der Städte.

Bochum ist eine Stadt, die auch von den negativen Seiten des Strukturwandels betroffen ist. Die Einwohnerzahl sinkt, es gibt einen Nothaushalt und immer wieder muss um die Arbeitsplätze bei Opel gezittert werden. Macht es da eigentlich Freude, Oberbürgermeisterin zu sein?
Absolut. Ich liebe meine Arbeit sehr, was auch daran liegt, dass sie so abwechslungsreich ist. Natürlich gibt es immer wieder Dinge, über die ich mich ärgern muss. Aber dann kommen ja auch wieder schöne Termine. Es ist unbestritten, dass wir im Ruhrgebiet mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Trotzdem gibt es Perspektiven und ich glaube fest an einen positiven Wandel, etwa durch den Gesundheitscampus, der hier in Bochum entsteht. Bis jetzt gab es auf jeden Fall noch keinen Tag, an dem ich ungerne ins Büro gegangen bin.

Bochum ist berühmt für die Currywurst. Trifft man auch die Oberbürgermeisterin mal an der Imbiss-Bude?
Aber hallo! Ich liebe Currywurst mit Pommes frites und Mayonnaise. Als ich noch nicht Oberbürgermeisterin war und meine Zeit etwas freier einteilen konnte, bin ich regelmäßig Umwege gefahren, um zu meiner Lieblingsimbiss-Bude zu kommen. Und auch heute noch ist eine gute Currywurst für mich manchmal das beste Mittel gegen Stress.

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