05.03.2012

Interviewserie „Wer entscheidet in Westfalen?“: Dr. Peter Liese, CDU-Abgeordneter des Europäischen Parlamentes

Meschede (wh). Politik zwischen Meschede und Brüssel: Dr. Peter Liese ist einer von acht westfälischen EU-Abgeordneten. Seit 1994 vertritt der Mediziner aus Meschede die Interessen Südwestfalens im Europäischen Parlament. Im Interview mit "Westfalen heute" spricht er über die Auswirkungen des EU-Rechts auf die Region und die Brüsseler Perspektive auf Westfalen.

Sie verstehen sich im Europäischen Parlament als Vertreter Südwestfalens " obwohl Sie als EU-Abgeordneter gar keinen Wahlkreis haben.
Dr. Peter Liese: Formal gibt es keine Wahlkreise, weil im EU-Parlament alle Abgeordneten über Listen gewählt werden. Ich bin aber sehr froh, dass bei der CDU NRW die ersten acht Plätze auf der Liste für die Spitzenkandidaten der Bezirksverbände reserviert sind. Das heißt: Wir können davon ausgehen, dass jede Region durch einen CDU-Abgeordneten repräsentiert wird, das gilt für das Münsterland, Ostwestfalen-Lippe und Südwestfalen genauso wie für das Ruhrgebiet.

Was bedeutet das konkret für Ihre Arbeit?
Das bedeutet, dass Termine vor Ort mindestens genauso wichtig sind, wie Termine in Berlin, Brüssel oder Washington. Man muss als Gesprächspartner zur Verfügung stehen, mit den Leuten diskutieren und ihnen erklären, was wir in Europa machen und deren Anliegen aufnehmen. Ich rede sehr viel mit heimischen Unternehmen, Arbeitgebern und Arbeitnehmern über die Frage, wie sich europäische Richtlinien auswirken, welche Gefahren es bei einer schlechten Umsetzung europäischen Rechts gibt und welche Chancen sich auf der anderen Seite bieten.

Wie sieht solch ein Fall aus?
Wir sind hier in Südwestfalen das Zentrum der Leuchtenindustrie in ganz Europa. Vor Jahren haben wir erstmals die Frage der Elektroschrottverwertung diskutiert und die EU-Kommission wollte die europäischen Hersteller für die Entsorgung haftbar machen. Dabei drohte, dass die Leuchtenhersteller auch Grauimporte von Briefkastenfirmen aus China zurücknehmen müssen. Ich habe mich dann für eine Ausnahme eingesetzt und das ist auch gelungen, so dass die Unternehmen von dieser Verpflichtung freigestellt sind. Deshalb darf man im Moment noch zum Beispiel alte Wohnzimmerleuchten in den Hausmüll geben.

Südwestfalen ist eine starke Industrieregion. Wird das in Brüssel so wahrgenommen?
Südwestfalen wird in Brüssel kaum als Region wahrgenommen und das muss meiner Ansicht nach auch nicht sein. Wichtig ist, dass unsere Anliegen rüberkommen und umgesetzt werden. Aber den Anspruch zu haben, dass Südwestfalen so bekannt wird wie die Region London oder Paris, da müsste man sehr, sehr viel investieren und es ist fraglich, ob es im entscheidenden Moment wirklich hilft.

Sie sprechen stets von Südwestfalen. Ist der Name Sauerland überholt?
Die Region Südwestfalen hat sich vor einigen Jahren ganz bewusst gegründet, um sich breiter aufzustellen; mit fünf Kreisen, von denen sich der Kreis Soest nur teilweise und der Kreis Siegen-Wittgenstein gar nicht zum Sauerland zählen. Die Entscheidung für Südwestfalen ist damals von den Landräten getroffen worden, um Projekte wie die Regionale 2013 gemeinsam voranzutreiben. Das geht nicht gegen die Identität der einzelnen Regionen, aber es gibt bestimmte Dinge, die man besser gemeinsam anpacken kann. Es braucht aber ein bisschen Zeit, den Begriff Südwestfalen zu verankern.

Bräuchte nicht erst einmal der Name "Westfalen" mehr Aufmerksamkeit?
Westfalen ist ein eingeführter Begriff und deshalb muss man da nicht so viel aufwenden, um den in die Köpfe zu bekommen. Es ist Teil des Landesnamens und da gibt es Traditionen, Projekte und gemeinsame Emotionen. Ich vertrete nicht die Abspaltung Westfalens vom Rheinland, aber ich bin schon der Meinung, dass wir selbstbewusst auftreten sollten. Denn ich kenne zwar viele nette Rheinländer, aber es ist sicher nicht so, dass wir Westfalen in den Gremien auf Landesebene überrepräsentiert sind.

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