20.09.2011

Interviewserie „Wer entscheidet in Westfalen?“: Holm Sternbacher – SPD-Fraktionsvorsitzender in der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe

Münster (wh). Als Chef der SPD-Fraktion im "Westfalenparlament" wirkt Holm Sternbacher als Vermittler und Netzwerker. Diese Aufgabe liegt ihm: Der pensionierte Polizeibeamte und Bezirksbürgermeister aus Bielefeld-Heepen liebt den Kontakt zu Menschen und die Diskussion. Im Interview mit "Westfalen heute" spricht der gebürtige Hamburger über das Verhältnis von Westfalen und Rheinland, die Zukunft des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) und die legendäre "Bielefeld-Verschwörung".

Wie schaut man als gebürtiger Hamburger auf das Verhältnis von Rheinland und Westfalen?
Holm Sternbacher: Als ich nach Bielefeld kam, war ich vollkommen überrascht, dass man solche Gegensätze überhaupt formuliert. Ich habe nun einige Erfahrungen gesammelt und heute ist mir klar, dass wir als Westfalen nur etwas erreichen können, wenn wir uns zu unserer Region bekennen und zusammenarbeiten. Aber das hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert.

Spüren Sie denn in Düsseldorf ein Bewusstsein für Westfalen?
Sternbacher: Es ist nun das erste Mal, dass eine Ministerpräsidentin sagt: Wir stehen zum LWL. Das war bei den Vorgängerregierungen nicht unbedingt so. Das allein hatte bereits eine Signalwirkung und uns sehr geholfen, so dass wir mit der Landtagsfraktion sehr gut zusammenarbeiten. Und wenn das Verhältnis gut ist, dann lassen sich auch schwierige Fragen klären.

Wie muss sich der LWL weiterentwickeln, um zukunftsfähig zu bleiben?
Sternbacher: Es ist klar, dass wir in der Behindertenhilfe die finanzielle Unterstützung aus Berlin benötigen. Wir haben bei den Kosten in diesem Bereich Steigerungsraten von 60 bis 70 Millionen Euro im Jahr, die können wir gar nicht an anderer Stelle einsparen. Selbst wenn wir in einem Jahr den gesamten Kulturetat einsparen würden, hätten wir im nächsten Jahr das gleiche Problem: dass 60 bis 70 Millionen fehlen. Die Hilfe für Behinderte ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, und der Staat kann sie nicht nur bei den Kommunen belassen. Hier brauchen wir in den nächsten Jahren eine Lösung und sind auf dem Weg, dieses Thema nach Berlin zu befördern.

Sie begleiten den Neubau des LWL-Museums für Kunst- und Kulturgeschichte in Münster als Mitglied der Baukommission. Braucht Westfalen solch einen Leuchtturm?
Sternbacher: Man braucht Orte mit einer hohen Qualität, die Publikum von weither anziehen. Und dazu wird das neue LWL-Museum in Münster zählen. Aber wir sollten nicht versuchen, mit Köln oder Düsseldorf zu konkurrieren, sondern unsere eigene Identität und Qualität deutlich machen. Mir gefällt der Begriff der Lichterkette besser als der des Leuchtturmes. Dabei dürfen manche Lichter auch etwas heller scheinen " das macht auch die Vielfalt aus.

Was wünschen Sie sich für die weitere kulturelle Entwicklung Westfalens?
Sternbacher: Wir haben in Westfalen eine breite Kulturlandschaft: von der freien Szene bis zu den großen Museen. Mir ist es wichtig, den Westfalen deutlich zu machen, wo wir hin wollen. Es ist deshalb bald Zeit, ein neues Konzept zu diesem Thema aufzulegen. Nicht, um ein Korsett zu haben, sondern einfach um zu zeigen: wo können wir unsere Ressourcen so einsetzen, dass wir als Kulturland in seiner Vielfalt wahrgenommen werden. Mit der Kulturkonferenz haben wir in diesem Jahr damit begonnen und so auch den Dialog zwischen den Kulturschaffenden verbessert. Die Botschaft nach Köln und Düsseldorf kommt dann von ganz allein.

Kennen Sie eigentlich die Bielefeld-Verschwörung?
Sternbacher: Ja selbstverständlich! Bielefeld gibt es demnach ja eigentlich gar nicht. Aber ich weiß: Man kann dort sehr gut leben!

Achtung Redaktionen: Ein Pressefoto zu diesem Interview finden Sie im Downloadbereich unserer Website.

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