03.01.2013

Interviewserie „Wer entscheidet in Westfalen?“: Thomas Hunsteger-Petermann, Oberbürgermeister von Hamm

Hamm (wh). Der Bergbau hat in Westfalen riesige Brachflächen hinterlassen. Ein Erbe, das die Städte vor große Herausforderungen stellt: Wie kann die Leere gestaltet werden? In Hamm-Herringen entsteht auf einem 40 Hektar großen Gelände der ehemaligen Zeche Franz der Lippe-Park. Der erste Teil ist kürzlich eröffnet worden. Mit Spielplätzen, Fun-Sportbereich und vielen Bergbau-Skulpturen soll der Landschaftspark den Bürgern dort mehr Lebensqualität bieten. Im Interview mit "Westfalen heute" spricht Hamms Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann über den sozialen Wandel, den der Park anstoßen soll.

Warum ist der Lippepark für Hamm so wichtig?
Thomas Hunsteger-Petermann: Wir finden in Hamm-Herringen eine Situation vor, wie wir sie häufig bei Bergbaubrachen haben: nämlich dass eine Nachnutzung nicht unbedingt einfach ist " unter anderem auch deshalb, weil etliche Vorarbeiten geleistet werden müssen. Zudem sind im Umfeld des Geländes große Wohnviertel entstanden, in denen heute zahlreiche Wohnungen leer stehen. Durch den Park betreiben wir also eine Reparatur von Bergbauhinterlassenschaften bei einer gleichzeitigen Verbesserung der Wohn- und Aufenthaltsqualität. Besonders wichtig es, dass die Stadtbezirke im Hammer Westen durch den "Lippepark" weiter zusammenwachsen. Zusammengefasst lässt sich sagen: Wir reden nicht nur vom Strukturwandel, sondern wir kümmern uns auch.

Wie reagieren die Bürger auf diese Pläne?
Die Leute sehen, dass sich ihre Umgebung verändert: Das ist wichtig, um eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen. Wir haben die Menschen bereits in die Planung eingebunden. Zum Beispiel haben Jugendliche aus dem Stadtteil bei den Freizeitanlagen, etwa einer Skaterbahn, mitgeredet. Einige werden auch als Park-Scouts mitverantwortlich dafür sein, dass dort alles so schön bleibt, wie es ist. Außerdem haben die Bürgerinnen und Bürger vorgeschlagen, einen "Ort der interreligiösen Begegnung" in den Park zu integrieren. Auch das halte ich für ein wichtiges Zeichen.

Im Hammer Westen leben Menschen vieler Nationalitäten, Kulturen und Religionen miteinander. Rund 60 Prozent aller Kinder haben eine Einwanderungsgeschichte. Wie gehen Sie mit dieser Situation um?
Das größte Problem unserer Stadt und vieler Ruhrgebietsstädte ist, dass Ethno-Inseln entstanden sind, in denen man die deutsche Sprache nicht mehr braucht. Diese Situation stellt uns heute vor große Herausforderungen. Ich bin viel in der Stadt unterwegs und habe gelernt, dass die Gruppe der Migranten nicht einheitlich ist: In Teilen gibt es sogar völlig gegensätzliche Ansichten. Vor diesem Hintergrund gehört es zu den großen Herausforderungen der Kommunalpolitik, dass wir Menschen verschiedener Kulturen dazu motivieren, sich gesellschaftlich einzubringen.

Was bedeutet das konkret für die Politik?
Wir sind auf Dauer nur glaubwürdig, wenn sich der Anteil der Migranten auch im öffentlichen Dienst widerspiegelt. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass Migranten im Auswahlverfahren oft durchfallen " obwohl sie in Teilen hochintelligent sind und hervorragende Zeugnisse haben. Eine große Hürde ist allerdings die Sprache. Hier müssen wir überlegen, ob sich die Ausgangssituation durch entsprechende Kurse verbessern lässt.

Hamm ist eine Stadt zwischen Ruhrgebiet, Münsterland und Soester Börde. Welcher Region fühlen Sie sich zugehörig?
Regionalpolitisch gehört Hamm zum Ruhrgebiet, und bei bestimmten Themen, wie etwa dem Strukturwandel, fühlen wir uns dort auch gut aufgehoben. Doch wir sind ein klassischer Grenzfall: Für Hamm sind geschäftliche Entwicklungen in Münster mindestens genauso wichtig, wie neue Projekte in Dortmund. Ich persönlich fühle mich stärker mit dem Münsterland verbunden. Das hat aber auch damit zu tun, dass ich in einem Stadtteil lebe, der eben durch diese Region geprägt ist.

Welche Rolle spielt die Region Westfalen für Hamm?
Die spielt eine große Rolle. Westfalen ist sehr vielfältig und das westfälische Bewusstsein ist nicht ganz klar definiert " der letzte König von Westfalen residierte kurioserweise ja in Kassel. Aber gerade diese Vielfalt passt gut zu Hamm. Wir vernetzen uns in Westfalen mit verschiedenen Städten, Kreisen und Körperschaften und sind da gut positioniert.

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