Daniel Craig war der Bond-Darsteller in den jüngsten Filmen. Foto: Pixabay
13.04.2023

James Bond – Spion aus Wattenscheid

Vor 70 Jahren erschien mit „Casino Royal“ der erste James-Bond-Roman. Der wohl berühmteste Spion der Welt hat Wurzeln in Westfalen.

Am 11. November 1920 soll der britische Geheimagent, Frauenheld und x-fache Weltretter James Bond geboren worden sein. Und zwar nicht etwa in der Weltstadt London oder einem mondänen englischen Seebad – sondern im westfälischen Wattenscheid. Doch warum soll der Superspion aus dem Ruhrgebiet stammen?

Die Figur James Bond hat der englische Schriftsteller Ian Fleming zu Beginn der 1950er Jahre erfunden. Am 13. April 1953 erschien „Casino Royal“; es war die Geburtsstunde eines neuen Genres für Thriller und Abenteuerromane. Seine weltweite Popularität verdankt der Agent 007 allerdings der James-Bond-Filmreihe, die die Produzenten Albert Romolo Broccoli und Harry Saltzman 1962 mit „James Bond: 007 jagt Dr. No“ ins Leben riefen. Doch weder die Romane Flemings noch deren Verfilmungen nennen Bonds Geburtsort.

„Ich wurde in Wattenscheid geboren“

Dafür aber der mit Fleming befreundete Autor und ehemalige Assistent Flemings bei der Sunday Times, John Pearson. 1966, zwei Jahre nach Flemings Tod im Alter von 56 Jahren, veröffentlichte Pearson die erste Biografie über den Bond-Erfinder. 1973, im Jahr als die Zeche Holland als letzte Wattenscheider Zeche ihren Betrieb einstellte, legte er mit „James Bond. Die autorisierte Biografie von 007“ nach.

„Ich wurde in einer Stadt namens Wattenscheid geboren – das ist in der Nähe von Essen“, wird James Bond höchstpersönlich in dieser fiktiven Biografie auf Englisch zitiert. Bonds schottischer Vater Andrew arbeitete demnach nach dem Ersten Weltkrieg für die alliierten Besatzungsbehörden im Ruhrgebiet, um den Krupp-Konzern zu zerschlagen. Da Andrew Bonds schwangere Frau, die Schweizerin Monique Delacroix, wegen eines Eisenbahnerstreiks nicht rechtzeitig nach Großbritannien reisen konnte, kam ihr Sohn James in ihrer damaligen Wahlheimat Wattenscheid zur Welt. Das Ehepaar Bond lebte dort noch einige Zeit mit den beiden Söhnen Henry und James – natürlich in einer Villa mit Personal, Hunden und Pferden –, bevor es Andrew Bond berufsbedingt nach Ägypten verschlug.

Der Bond Club Wattenscheid e.V. präsentiert in der Ausstellung "60 Jahre Bond Kinofilme" in der Zeche Holland Sammlerstücke rund um den legendären Spion. Foto: Tobias Schwesig

Der Bond Club Wattenscheid e.V. präsentiert in der Ausstellung „60 Jahre Bond Kinofilme“ in der Zeche Holland Sammlerstücke rund um den legendären Spion. Foto: Tobias Schwesig

Der Verlag Glidrose Publications, in dem Ian Fleming zuvor seine Bond-Romane veröffentlicht hatte, nahm auch Pearsons Bond-Biografie in sein Programm auf und nannte sie „autorisiert“. Pearsons Angaben zu James Bonds Geburt sind unter 007-Kennern jedoch umstritten: Denn in den Bond-Romanen Ian Flemings gibt es widersprüchliche Hinweise, die auf andere Geburtsjahre Bonds hindeuten. Und der Autor Charlie Higson, der später Geschichten über den jungen Bond verfasste, lässt den Geheimagenten in der Schweiz zur Welt kommen.

Bond-Biografie in Deutschland wenig bekannt

So detailreich wie Pearson allerdings beschrieb kein anderer Autor die Umstände von James Bonds Geburt. Pearson verortete sie in eine politisch unruhige Zeit zwischen dem „Ruhrkampf“ linksgerichteter Arbeiter im März 1920 und der Ruhrbesetzung durch die Franzosen 1923. Aber wie kam er ausgerechnet auf Wattenscheid? Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gestand der Brite vor einigen Jahren, dass er sich nicht mehr an den Grund dafür erinnern könne. Er sei sich aber sicher, dass die Idee von Fleming selbst stammte.


Eine frühere Fassung des Beitrags erschien im Westfalenspiegel 1/2011.


Da Pearsons Bond-Biografie nie in einer deutschen Übersetzung erschienen ist, blieb sie hierzulande lange Zeit unbekannt. Nur wenige hiesige Bibliotheken haben sie im Sortiment. Erst als Bond-Fans den angeblichen Geburtsort erstaunt im Internet verkündeten, erfuhren auch immer mehr deutsche Cineasten, dass Wattenscheid eine Ikone der Popkultur hervorgebracht haben soll.

Werbung für Wattenscheid

Auch wenn James Bond nur fiktiv ist: Bedeutet seine vermeintliche Herkunft Balsam für die Seele der Wattenscheider. Denn kaum eine andere Stadt litt bei der kommunalen Gebietsreform 1975 so sehr unter dem Verlust ihrer Eigenständigkeit. Als Wattenscheid durch Bochum eingemeindet werden sollte, gründete sich dort der Verein „Aktion Bürgerwille“, der die Reform via Volksbegehren zu verhindern suchte. Auch wenn sich über 71 Prozent der Wattenscheider beteiligten: Landesweit kamen nicht genügend Stimmen für ein erfolgreiches Volksbegehren zusammen – Wattenscheid wurde ein Bochumer Stadtbezirk. Bis heute sei das Verhältnis zwischen Bochum und Wattenscheid belastet, sagen Einwohner beider Seiten.

Nun also könnten die Wattenscheider groß auftrumpfen, vor der eigenen Ausfahrt auf dem „Ruhrschnellweg“ ein Schild „Geburtsstadt von James Bond“ aufstellen. Wer weiß, vielleicht führen sie irgendwann ja sogar 007-Festspiele in der Stadthalle auf.

Martin Zehren

Der Bond-Club Wattenscheid hat zum Thema „60 Jahre Bond Kinofilme“ in der Schwarzkaue der ehemaligen Zeche Holland in Wattenscheid eine Ausstellung organisiert. Mehr Infos gibt es auf der Website des Vereins.

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