Bei der U18-Wahl zählen auch die Stimmen von Kindern und Jugendlichen. Grafik: Petra Gerlach & Aryanti Ingenillem (CC0)
14.09.2021

Junge Stimmen zählen

60,4 Millionen Deutsche dürfen bei der Bundestagswahl am 26. September mitentscheiden. Mehr als die Hälfte von ihnen ist 50 Jahre und älter. Kinder und Jugendliche haben bei der Wahl hingegen keine Stimme. Anders bei der U18-Wahl, hier dürfen in bundesweit mehr als 2500 Wahllokalen die Unter-18-Jährigen teilnehmen.

Abgestimmt wird bei der U18-Wahl bereits eine Woche vor dem offiziellen Wahltermin. In Schulen und in Vereinslokalen, in Kirchengemeinden und an einigen öffentlichen Orten dürfen Kinder und Jugendliche ihre Stimme für eine Partei abgeben. Dies funktioniert mit Stimmzettel und Urne nach dem gleichen Prinzip wie bei der Bundestagswahl. Allerdings können nur Parteien und keine Kandidaten gewählt werden, so dass auf dem Wahlzettel nur ein Kreuz gemacht werden darf. Allein in NRW wird es mehr als 450 U18-Wahllokale geben. „Im Idealfall gibt es im Vorfeld der Wahl Informations- und Diskussionsrunden, so dass sich die Kinder und Jugendlichen über die Parteien informieren können“, erklärt Saskia Tietz, die als Referentin für kommunale Jugendpolitik beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend die U18-Wahl in Münster koordiniert.

450 U18-Wahllokale in NRW

In Münster steht die Urne zum Beispiel in der Mathilde-Anneke-Gesamtschule im Stadtteil Mauritz. Hier dürfen die Schülerinnen und Schüler ihre Stimme abgeben. Eine Briefwahl für alle unter 18-Jährigen organisiert der Diözesanverband der Katholischen jungen Gemeinde (KjG) Münster. Die Dienststelle des Bundes der Deutschen katholischen Jugend (BDKJ) Münster bietet am 15. und 16. September ein „Rapunzel-Wahllokal“ an der Rosenstraße 17 an, in dem Kinder und Jugendliche per Korb ihre Stimme abgeben können.

Das "Rapunzel-Wahllokal" der U18-Wahl des BDKJ Münster. Foto: BDKJ Münster

Das „Rapunzel-Wahllokal“ der U18-Wahl des BDKJ Münster. Foto: BDKJ Münster

Eine reine Trockenübung soll die U18-Wahl aber nicht sein. Der Landesjugendring NRW, der die Wahl koordiniert, verknüpft konkrete Forderungen mit der Aktion: „Wir wollen deutlich machen, dass Kinder und Jugendliche in der Lage sind, sich eine Meinung zu bilden und zu entscheiden, wem sie vertrauen“, betont Christian Brüninghoff, Referent für Kommunale Jugendpolitik bei dem Netzwerk. Verbunden mit der Abstimmung sei die Forderung nach einer Senkung des Mindestwahlalters auf 14 Jahre. „In diesem Alter sind Jugendliche strafmündig und auch religionsmündig. Somit sollten sie auch die Möglichkeit haben, an der Wahl teilzunehmen“, ist Brüninghoff überzeugt.

50.000 Kinder und Jugendliche haben zur Landtagswahl NRW 2017 an der U18-Wahl teilgenommen. Wahlsieger war damals die SPD mit 28 Prozent. Es folgten CDU (21,7 Prozent) und die Grünen mit 15,5 Prozent. Fast 22 Prozent der Stimmen entfielen auf die „sonstigen Parteien“. Immerhin ein Achtungssieg gelang der Tierschutzpartei, die 3,8 Prozent der Stimmen erreichte. „Kinder haben besondere Anliegen“, so der Referent beim Landesjugendring. „Dabei geht es aber nicht nur um ein Interesse an Tieren, sondern auch um ihre spezielle Perspektive in Sachen Verkehr oder auch Digitalisierung. Dies wollen wir deutlich machen.“

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Bis in die 1990er Jahre reicht die Geschichte der U18-Wahl in Deutschland zurück. Heute nehmen die Kandidaten von Bundes- Landtags- und Europaratswahlen die jungen Wähler wahr, auch wenn ihre Stimme noch kein wirkliches Gewicht hat, berichtet Saskia Tietz aus Münster: „Es kommen auch Politikerinnen und Politiker zu U18-Veranstaltungen. Das ist eine tolle Anerkennung für das Engagement der Kinder und Jugendlichen.“

Annette Kiehl, wsp

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