Am Tor Westfalens: Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal bei Porta Westfalica. Foto: LWL/Hübbe
18.10.2021

Kaiser in neuem Gewand

Nach seiner Wiedereröffnung wird das sanierte Denkmal auf dem Wittekindsberg gleich zum Besuchermagneten. 

Ein Beitrag aus dem WESTFALENSPIEGEL 04/2018

Heute würde man sagen: Der Architekt Bruno Schmitz hatte in den 1890er Jahren einen Lauf. Als im deutschen Kaiserreich massenweise Denkmäler zur „Festigung der Nation“ entstanden, bekam der gebürtige Düsseldorfer den Zuschlag, das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, das Kaiser-Wilhelm-Denkmal in Porta Westfalica und das Kyffhäuserdenkmal in Thüringen zu bauen. Damit stammen die drei größten deutschen Denkmäler von ihm.

Sein zweitgrößtes Monument, das vom Fuß des Ringsockels bis zur Spitze 88 Meter hohe Denkmal an der Porta Westfalica, erstrahlt jetzt in neuem Glanz. Wer mit dem Auto, Bus, Zweirad oder zu Fuß auf den Wittekindsberg kommt, kann von der wiederhergestellten Ringterrasse eine fantastische Aussicht auf die Weser, den benachbarten Jakobsberg und die norddeutsche Tiefebene genießen. Und noch mehr: Der heutige Eigentümer des Denkmals, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), hat dort oben zwei weitere Highlights eröffnet: ein in die Ringterrasse eingefasstes zeitgemäßes Besucherzentrum und direkt nebenan ein modernes Restaurant mit westfälischer Küche, großer Außenterrasse und Panoramablick. Rund 150.000 Besucher pro Jahr werden am Denkmal erwartet. „Es ging nicht darum, dem Kaiser zu alter Herrlichkeit zu verhelfen“, betont LWL-Direktor Matthias Löb. „Wir wollen zwei Dinge: Erstens das Denkmal einordnen – wo ist sein Platz in der Geschichte? Und zweitens Touristen in die Region ziehen.“

Die Terrasse des LWL-Besucherzentrums im Kaiser-Wilhelm-Denkmal. Foto: LWL/ Peter Hübbe

Der Eingang des LWL-Besucherzentrums auf der Terrasse am Kaiser-Wilhelm-Denkmal. Foto: LWL/ Peter Hübbe

Das Interesse an dem frisch sanierten Wahrzeichen ist groß: Rund 10.000 Menschen wollten bei der Wiedereröffnung im Juli dabei sein, der Wittekindsberg wird wieder von Reisebussen angefahren, das neue Restaurant „Wilhelm 1896“ ist bereits an vielen Terminen ausgebucht. „Die Menschen in der Region sind begeistert von der Denkmalsanierung“, sagt Porta Westfalicas Bürgermeister Bernd Hedtmann. Dass der Ort so beliebt sei, liege aber nicht am Kaiser, sondern am Ambiente des Ausflugsziels und der schönen Aussicht, so Hedtmann. „Die Kaiser-Figur ist austauschbar.“

Warum man Wilhelm I. (1797–1888) im Jahr 1896 an der Weser ein Denkmal errichtet hat, erfahren Besucher, wenn sie durch zwei gläserne Kuben auf der Ringterrasse in das Stockwerk darunter gelangen. Im dortigen Besucherzentrum klären beleuchtete Schautafeln und eine Kinostation über die Entstehung des Denkmals und seine Rezeptionsgeschichte auf.

Feierliche Eröffnung am 18. Oktober 1896

Kaiser Wilhelm I. war in der Bevölkerung beliebt. 1889, ein Jahr nach seinem Tod, beschloss der Provinzialverband Westfalen, dem ehemaligen Monarchen an der Porta Westfalica ein Denkmal zu setzen. Die Kaiserfigur gestaltete der aus Herzebrock stammende Bildhauer Caspar von Zumbusch. Nach vier Jahren Bauzeit reiste Kaiser Wilhelm II., der Enkel von Wilhelm I., am 18. Oktober 1896 zur feierlichen Eröffnung des Denkmals nach Porta Westfalica. Seitdem ist das Monument ein beliebtes Ausflugsziel. Im Eingangsbereich gibt es zur Begrüßung „Kaiserliche Aussichten“: Eine Bildergalerie zeigt rund 40 Erinnerungsfotos von Denkmalbesuchern aus verschiedenen Zeiten. Eine Panoramawand mit farbigen Illustrationen und interaktive Medientische stellen Sehenswürdigkeiten aus der Umgebung wie den Wittekindsweg und die Margarethenkapelle vor und erläutern geologische und natur- und kulturgeschichtliche Besonderheiten der Porta. So hinterließen zum Beispiel die Römer am Fuß des Wittekindsberges im Ortsteil Barkhausen Spuren wie Münzen, Gewandspangen und einen Zelthering. Archäologen vermuten, dass sich hier ein römisches Marschlager befand. Das dunkelste Kapitel der Geschichte des Wittekindsbergs, auch das wird im Besucherzentrum erzählt, schrieben die Nationalsozialisten: Während des Zweiten Weltkriegs setzten sie in einem unterirdischen Stollen unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeiter für die Rüstungsproduktion ein. Nach Kriegsende, 1946, sprengten die Briten den Eingang zum Stollen, woraufhin ein Teil der Ringterrasse abrutschte.

Blick in das Besucherzentrum. Foto: LWL/Hübbe

Blick in das Besucherzentrum. Foto: LWL/Hübbe

Etwas mehr als 60 Jahre später ergaben Gutachten, dass die Standfestigkeit des Denkmals gefährdet sei. So beschloss der LWL, das Denkmal zu sanieren und das Ausflugsziel durch eine neue Gastronomie, ein Besucherzentrum und einen Kioskpavillon am Besucherparkplatz aufzuwerten. Rund 16,5 Millionen Euro flossen insgesamt in das Projekt, das nach Plänen des Büros Peter Bastian Architekten aus Münster umgesetzt wurde. 5,8 Millionen Euro steuerte der Bund bei, die Stadt Porta Westfalica über 600.000 Euro.

Aufwändige Sanierung

Rund zwei Jahre dauerte die Bauphase. „Wir haben 23000 Kubikmeter Erde und Geröll herausgeholt, um das Denkmal zu sanieren“, berichtet Bauleiter Matthias Gundler von der Westfälisch-Lippischen Vermögensverwaltungsgesellschaft (WLV), einer Tochter des LWL. Um dem Ringsockel Stabilität zu verleihen, wurden 270 Bohrpfähle bis zu 30 Meter tief im Boden versenkt und über 3800 Tonnen Zement verarbeitet. Die Sanierung des Ringsockels war schwieriger als erwartet, auch weil beim Bau in der Kaiserzeit wohl nicht immer „preußisch exakt“ gearbeitet worden ist. „Noch 120 Jahre nach der Eröffnung kam es durch damalige Kosteneinsparungen dazu, dass wir jetzt große Mengen von Zementmaterial mit den Bohrungen in den Berg stecken mussten“, sagt Matthias Gundler.

Ein besonderer Clou: Für die Fassade des Ringsockels kam bei der Sanierung Obernkirchener Sandstein zum Einsatz – das Material, das schon der Architekt Bruno Schmitz für das Denkmal favorisiert hatte, das er aber aus Kostengründen gegen den damals günstigeren Porta-Sandstein ersetzen musste. Das Ergebnis der aufwendigen Baumaßnahmen am Tor zu Westfalen ist weithin sichtbar: Auch Reisende auf der A2 oder im Zug zwischen Hamm und Berlin können den Kaiser jetzt in seinem neuen Gewand bestaunen.

Weitere Informationen zum Besuch des Denkmals finden Sie hier.

Martin Zehren, wsp

Ein Beitrag aus dem WESTFALENSPIEGEL 04/2018. Lesen Sie mehr über das Denkmal und seine touristische Bedeutung hier.

 

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