Kinofest Lünen in der Krise
Das renommierte Festival des deutschen Films steht möglicherweise vor dem Aus. Der Veranstalter zieht sich zurück, damit fehlt unter anderem der Spielort.
Kurz vor Ostern informierte die Nennmann & Thies Festival-Gesellschaft den Lünener Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns, dass das Unternehmen das Festival im kommenden Herbst und auch in Zukunft nicht mehr veranstalten wird. Kleine-Frauns spricht in einem Statement von einer „schlechten Nachricht, die unsere Stadt und unsere Kulturszene in der Seele trifft.“ Er führt aus: „Das Kinofest Lünen hat eine solche Bedeutung für unsere Stadt und die vielen Fans weit über die Grenzen von Lünen hinaus, dass wir für den Erhalt dieses besonderen Festivals kämpfen müssen und werden.“ Dennoch könne man noch nicht abschätzen, wie die Aussichten für eine Kinofest-Rettung sind, machte der Bürgermeister deutlich.
Veranstalter beklagt Defizite
Mit dem Rückzug des Veranstalters, der gleichzeitig Betreiber der Cineworld Lünen ist, fällt auch der Spielort des Festivals aus. Eine geeignete Alternative gibt es in der Stadt nicht unbedingt, bemerkt Geschäftsführer Meinolf Thies im Gespräch mit dem Westfalenspiegel. Das Kinofest Lünen habe sich trotz seiner großen Strahlkraft nicht gerechnet, fasst er die Gründe für seine Absage zusammen. Trotz Sponsorengeldern und einer Förderung durch die Film- und Medienstiftung sei es defizitär verlaufen. Dies habe die Kinogesellschaft finanziell ausgleichen müssen. Für den Kinobetreiber Thies kein Zukunftsmodell. Problematisch sei, dass das Festival die Cineworld für mehrere Tage komplett belege – gerade zu einer Zeit im Herbst, wenn Blockbuster auf dem Programm stehen.
Thies hatte das Festival 2021 übernommen, nachdem sich der langjährige Veranstalter Pro Lünen e.V. zurückgezogen hatte. Bereits damals machte der Kinobetreiber deutlich, dass er von Jahr zu Jahr entscheiden werde, ob er weitermachen wolle. Nun stellt er eine negative Zukunftsprognose für das Kinofest: „Es wird absehbar eine im Allgemeinen bereits politisch kommunizierte Reduzierung der Fördertöpfe für alle deutschen Filmfestivals ab 2024 geben und auch einzelne jahrelange Förderer setzten noch am Tag der Abschlussveranstaltung des Kinofestes 2023 ihr weiteres finanzielles Engagement in den Konjunktiv.“
Walid Nakschbandi, Geschäftsführer der Film- und Medienstiftung NRW, reagiert mit Bedauern auf die Nachricht aus Lünen. In einem Statement heißt es: „Das kleine, feine Filmfestival in Westfalen, mit Ausstrahlung ins Münsterland und Ruhrgebiet, war in den vergangenen 33 Jahren stets ein wichtiges Schaufenster für den deutschen Film. Hier kam das Kino zu den Fans, und für die Branche hatte Lünen längst Kultcharakter. Wir bedanken uns bei Lutz Nennmann und Meinolf Thies für ihr Engagement in den vergangenen Jahren und hoffen, dass die vielen Lünen-Fans dem Kino weiterhin gewogen bleiben!“
Das Kinofest Lünen zählt zu den größten Filmfestivals in Westfalen und hat eine lange Tradition. 1990 wurde es gegründet, um den jungen deutschen Film zu präsentieren. In den folgenden Jahren entwickelte es eine große Strahlkraft. Im vergangenen Jahr verfolgten 5500 Zuschauerinnen und Zuschauer in Lünen 50 Filme. Schauspielstar Senta Berger erhielt in Lünen einen Preis für ihr Lebenswerk und verfolgte das Festivalprogramm vor Ort. Auch Schauspielerin Hannah Herzsprung („15 Minuten“), „Tatort“-Darsteller Jörg Hartmann und Regisseur Hannes Steinbichler („Ein ganzes Leben“) waren bei der 33. Kinofest-Ausgabe zu Gast und zeigten sich beeindruckt von Lünen. Auch die Veranstalter hatten zu diesem Zeitpunkt noch eine positive Festivalbilanz gezogen.
aki, wsp