Kommunen fordern Hilfe
Zahlreiche Städte aus Westfalen haben in Berlin auf ihre zum Teil prekäre finanzielle Lage aufmerksam gemacht. Sie fordern die Übernahme von Altschulden.
„Kommunen wie Gelsenkirchen mit einem hohen Anteil von Kassenkrediten aus Altschulden sind finanziell schwächer und weniger belastbar. Die Lösung liegt in einer Übernahme der kommunalen Altschulden durch Bund und Land“, erklärt Luidger Wolterhoff, Kämmerer der Stadt Gelsenkirchen. Erst vor knapp 14 Tagen hatte Wolterhoff den Haushaltsplanentwurf 2022 im Rat der Stadt vorgestellt. Damals wurde deutlich: die Steuereinnahmen der Stadt sinken. Die Ausgabenseite hingegen wachse immer weiter an.
Allein die Coronaschäden in 2022 bezifferte der Kämmerer für seine Stadt auf 46 Millionen Euro; für den gesamten Planungszeitraum von 2021 bis 2025 liegen sie bei rund 200 Millionen Euro. „Wie schon im Haushaltsjahr 2021 ist es uns auch 2022 erlaubt, die Coronaschäden zu isolieren. Kurzfristig hilft das, es belastet aber künftige Generationen in den kommenden Jahren“, erklärte Wolterhoff bei der Haushaltsdebatte.
„Hilfen aus einem Guss“
In Berlin machte Wolterhoff deutlich: „Was Gelsenkirchen jetzt dringend benötigt, sind Hilfen aus einem Guss. Die Kompensation der Steuerausfälle durch die Pandemie, kurzfristige Liquiditätshilfen und die Lösung der Altschuldenproblematik müssen gemeinsam angegangen werden.“ Der Protest wurde organisiert vom Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“, die gleich von mehreren Oberbürgermeistern, Bürgermeistern, Landräten und Kämmerern der Region unterstützt wird. Neben Gelsenkirchen sind unter anderem auch Bochum, Dorsten und Dortmund, Hamm und Hattingen sowie die Kreise Recklinghausen und Unna beteiligt.
Das Bündnis brachte vier Forderungen der Kommunen vor: Bund und Länder müssten bei den Kosten endlich fair mit den Städten und Kreisen umgehen und zum Beispiel Kinderbetreuung besser finanzieren. Das Altsschuldenproblem müsse gelöst werden und Investitionen durch Förderprogramme ermöglicht werden. Schließlich müsste die Steuergesetzgebung so gestaltet werden, dass Steueroasen die Grundlagen entzogen werde.
Kommunem gehen in die Knie
„Wir leiden unter den gewaltigen Lasten, die die ungerechte Finanzverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen verursacht hat“, erklärte Bottrops Stadtkämmerer Jochen Brunnhofer in Berlin. „Trotz der Verbesserungen wie der höhere Anteil des Bundes an den Kosten der Unterkunft und der Finanzierung der Kosten für Flüchtlinge gibt es eine strukturelle Unterfinanzierung der kommunalen Daseinsfürsorge. Gleichzeitig steigen die gegenwärtigen und zukünftigen Aufgaben an. Alle Kommunen möchten sich den wichtigen Aufgaben der Digitalisierung, Bildung, Innenstadtentwicklung und Klimaschutz stellen. Ein Scheitern an der Finanzausstattung führt zu ungleichen Bedingungen und muss verhindert werden.“
Seine Position machte das Bündnis mit einem satirischen Wagen deutlich, der vom Düsseldorfer Karnevalswagenbauer Jacques Tilly geschaffen wurde. Zu sehen ist der „Kommunen-Esel“, der unter dem Gewicht von Altschulden und Coronalasten in die Knie geht.
wsp