
Kreative Allrounderin
Die Westfalen-Jazzpreisträgerin Luise Volkmann ist für den Deutschen Jazzpreis 2025 nominiert. Sie stammt aus Bielefeld.
„Musik machen ist schöpferisch. Ich habe deshalb immer improvisiert, immer komponiert!“ Wenn die Saxofonistin Luise Volkmann über ihre Musik spricht, wird schnell klar: Die 31-Jährige versteht sich nicht als reine Interpretin, sondern als kreative Allrounderin, die auf der Bühne mit dem Publikum interagiert: „Fremde Menschen kommen in ein Konzert, um sich 90 Minuten mit meiner Musik auseinanderzusetzen. Musik ist ein Mittel der Kommunikation mit meinen Zuhörerinnen“, erklärt Volkmann. Dabei macht die in Bielefeld geborene und in Ostwestfalen-Lippe aufgewachsene Improvisations- und Jazzmusikerin keinesfalls „verkopfte“ Musik. Wenn sie auf der Bühne stehe, sei sie wild und voller Energie, sagt sie, aber auch fragil und emotional.
Studium in Leipzig, Paris und Köln
Ihr Vater war ein echter Achtundsechziger, enorm musikbegeistert und ein großer Rockmusikfan: „Musik hat das Leben in unserer Familie geprägt. Sie war für die Generation meiner Eltern Ausdruck eines politischen Lebensgefühls“, so Volkmann. Als Teenie sei sie oft in den Bunker Ulmenwall in Bielefeld zu Konzerten gegangen, in einem autonomen Jugendzentrum in Oerlinghausen lernte sie den Punk kennen, organisierte Konzerte, bekam Kontakte zu Bands. Verschiedene Instrumente probierte sie aus, das Saxofon wurde schließlich ihr Hauptinstrument. Sie habe immer auch kompositorisch-orchestrierende Fähigkeiten gehabt, und so studierte Volkmann Jazzsaxofon und Komposition in Leipzig, Paris und Köln. Ihr Studium empfand sie nicht als Ausbildung, sondern als „geschenkte Zeit“, in der sie experimentieren und sich entwickeln durfte. 2023 verlieh ihr die Jury des renommierten Jazzfestivals Münster den Westfalen-Jazzpreis mit der Begründung: „Grenzenlose Fantasie in den Kompositionen mit Inspirationen vom Punk über die Klassik, Neue Musik und Free Jazz sowie Freiheit in den Improvisationen – es ist ihre schöpferische Kraft, die sie besonders macht“.
Gesellschaftliches Engagement
In den letzten Jahren heimste Jazzerin Luise Volkmann etliche Preise und Stipendien ein. Ihre Kreativität überzeugt Kritiker und Juroren in ganz Europa, doch eine Karriere verfolgt die Wahl-Kölnerin nicht. Sie ist vielmehr eine aktive Netzwerkerin, die in großen und kleinen Ensembles interdisziplinär arbeitet. Ihre Studienzeit in Paris habe sie geprägt: „Das ist eine echte Metropole, in der auf sehr hohem Niveau gearbeitet wird, ob in der Musik, im Varieté und Zirkus oder im Theater. Es ist eine inspirierende und offene Szene und verspielter als in Deutschland.“ Luise Volkmann engagiert sich sozial und politisch, will gesellschaftliche Themen ansprechen und mit ihrem Publikum in ein musikalisches Gespräch kommen. Freiheitsstreben und Solidaritätsgefühl verbinden sie mit der Generation ihres Vaters. Zu hören ist dies eindrucksvoll auf dem 2020 erschienenen Album „When the Birds Upraise Their Choir“, eingespielt mit ihrem großen Jazzensemble „Été Large“. Ulrich Stock schrieb dazu in der „Zeit“: „Dem Vater sei Dank: Die junge Komponistin Luise Volkmann errichtet den 68ern ein musikalisches Denkmal.“ Matthias Schröder
Hörtipps: Luise Volkmann: Rites De Passage (nWog Records), ca. 25 Euro; Été Large und Luise Volkmann: When The Birds Upraise Their Choir (nWog Records), ca. 18 Euro
Dieser Artikel ist zuerst im WESTFALENSPIEGEL 02/2024 erschienen.