Philipp Fleiter wurde 1985 in Verl geboren und studierte in Bielefeld. Heute lebt er in Gütersloh. Foto: Marvin Ruppert
05.11.2025

Kriminalfälle für Millionen

Philipp Fleiter analysiert in seinem Podcast die „Verbrechen von nebenan“.

Millionen Menschen grausen sich Monat für Monat, wenn er vom „Nylon-Killer“ erzählt, von „Dr. Mord“, vom „Todesflüsterer“ oder dem „Teuflischen Paar“. Philipp Fleiter aus Gütersloh analysiert in seinem Podcast „Verbrechen von nebenan“, warum Menschen zu Tätern werden. Der Podcast ist einer der erfolgreichsten in Deutschland. „Oft passieren die schlimmsten Dinge in der nettesten Nachbarschaft“, weiß der 40-Jährige. „Es sind meist ganz profane Motive wie Geld oder Eifersucht, da steckt nicht der große Masterplan dahinter wie bei Hannibal Lecter (Serienmörder aus dem Roman und Film „Das Schweigen der Lämmer“, Anm. d. Red.). Ganz oft ist der gefährlichste Mensch der Ex-Partner.“

Neu ist die Faszination für sogenannte True-Crime-Formate nicht. Allein „Aktenzeichen XY ungelöst“ läuft seit 1967 im Fernsehen. „Auch ich habe die Sendung als Kind schon gesehen und auch als Kind in der Pfarrbibliothek direkt zu den ,Drei ???‘  gegriffen, mein erstes Buch der Reihe war das ,Gespensterschloss‘.“ Doch Ermittler als Beruf erlernen? Das wollte Fleiter nicht. Nach dem Abitur in Verl und einem Pädagogik- und Psychologiestudium in Bielefeld fing er als Reporter beim Lokalradio in Gütersloh an. Einer seiner Jobs: bei Gericht über echte Fälle zu berichten. „Ich wollte unbedingt wissen, was das für Leute sind, die Verbrechen begehen.“ Als Philipp Fleiter die Idee für seinen Podcast hatte, habe es auf dem Markt nur den Profi-Podcast „Zeit Verbrechen“ und mehrere schlecht gesprochene Hobby-Formate gegeben. Er dachte sich: Das ist eine Lücke, das mache ich jetzt. Im Rückblick war dies der Moment, der sein Leben veränderte, sagt er. Mittlerweile gibt es Hunderte Kriminal-Podcasts, die Popularität ist hoch. Fleiters „Verbrechen von nebenan“ steht regelmäßig an der Spitze der deutschen Charts, hat mehrere Millionen Aufrufe pro Monat. „Das Format eignet sich gut, um die komplexen Fälle darstellen zu können.“

Perspektive der Opfer

Den Radiojob hat er längst aufgegeben. Nach sechs Jahren und 160 Folgen ist er zum True-Crime-Experten geworden, füllt auf seinen Live-Touren bundesweit große Hallen, hatte zwei Jahre lang eine eigene Fernsehshow bei SKY Deutschland und seit 2024 eine eigene Crime-Rubrik in der RTL Nachrichtensendung „Punkt 12“. Seine zwei Bücher wurden SPIEGEL-Bestseller, ein drittes, rein fiktionales, will er noch schreiben ­– wenn er mal Zeit findet. „So schrecklich die Fälle auch sind: Es gibt immer auch etwas Positives zu berichten: von Ermittlern, die nicht aufgeben, von Staatsanwälten, die für die Opfer dranbleiben, oder von Anwälten, die Unschuldige aus dem Gefängnis kriegen.“ Dem True-Crime-Format werde oft der Vorwurf gemacht, die Täter zu glorifizieren, sagt Fleiter. Er selbst wolle aber die Sicht der Opfer darstellen, sei der erste gewesen, der Angehörige vor das Mikrofon geholt hat. „Mich interessiert nicht die Brutalität. Man kann aus jedem Fall etwas lernen, immer auch etwas über unsere Gesellschaft.“


Diesen Artikel und weitere interessante Beiträge lesen Sie in Heft 5/2025 des WESTFALENSPIEGEL mit dem Schwerpunkt Essen und Genießen.


Was er vor allem gelernt hat: das eigene Leben mehr wertzuschätzen. „Ich bin dankbar für das Leben, das ich führen darf.“ Vor einem Jahr startete er seinen zweiten Podcast mit dem Titel „Dieser eine Moment“. Darin spricht er mit Gästen über genau den Moment, der ihr Leben für immer verändert hat.

Sabine Müller

Live am 23.11.2025 in der Seidenstickerhalle Bielefeld und am 30.11. in der Grugahalle Essen. Jüngst erschienen ist Philipp Fleiters Krimi-Rätselspiel zum Podcast „Verbrechen von nebenan“.

Fragebogen

Name: Fleiter
Vorname: Philipp
Geburtsdatum: 25.10.
Geburtsort: Verl
Ausbildung: Journalist
Beruf/Tätigkeit: Podcaster, Autor, Moderator

Sie müssen einem Außerirdischen erklären, was Westfalen ist. Was sagen Sie?
Ein sehr schöner Landstrich mit viel Wald, Feldern, hübschen Städtchen und tollen Menschen.

Welche Orte würden Sie ihm für einen Kurztrip unbedingt empfehlen?
Die Externsteine, das Freilichtmuseum Detmold und natürlich aus meiner Heimat den Botanischen Garten in Gütersloh.

Welche sollte er lieber meiden?
In Westfalen gibt es nichts zu meiden.

Als Dank für Ihren Rat gewährt Ihnen der Außerirdische drei Wünsche. Wie lauten sie?
Mehr soziale Gerechtigkeit nicht nur in Deutschland.
Dass die Leute nicht jeden Quatsch glauben, den sie im Internet lesen.
Und dass irgendwer Tiramisu erfindet, von dem man nicht dick wird.

Mit welchem Westfalen/welcher Westfälin würden Sie gerne einmal zu Abend essen?
Mit unserem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Vor allem deshalb, weil ich wissen will, wie gut das Essen auf Schloss Bellevue ist.

Was ist Ihr Leibgericht?
Wenn es was Westfälisches sein soll: Zwiebelfleisch mit Kartoffelsalat. Ansonsten im Zweifelsfall immer Italienisch.

Welches Buch haben Sie besonders gerne gelesen?
In meinem Sommerurlaub habe ich „Der Dunkle Sommer“ der Autorin Vera Buck aus meiner Nachbarstadt Hövelhof verschlungen – ganz große Thriller-Empfehlung!

Welche Musik mögen Sie am liebsten?
Das kommt immer auf die Situation an.

Was ist Ihr Lieblingsfilm?
Ich liebe Filme und könnte mich niemals für einen entscheiden.

Sie machen eine lange Reise rund um die Welt. Was packen Sie auf alle Fälle in den Koffer?
Bücher – und zwar ganz klassisch auf Papier. Genug Hörspiele und Podcasts zum Einschlafen. Mückenspray.

Was lassen Sie lieber zurück?
Schlechte Laune.

Was ist Ihr Traumziel?
Ich will definitiv wieder in die USA (hoffentlich dann unter einer anderen Regierung) und die Südstaaten, Florida, aber auch New England bereisen.

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