12.05.2021

„Kultur nach Kassenlage verhindern“

Die Landesregierung hat das bundesweit erste Kulturgesetzbuch beschlossen. Verbesserte Rahmenbedingungen für Künstler sollen die Kulturlandschaft nachhaltig stärken.

Das „KulturGB NW“ bündelt sämtliche, die Kultur betreffenden rechtlichen Regelungen und Gesetze. Damit positioniere NRW die Kultur als „zentrales politisches Schlüsselthema“, sagt Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. Das Bundesland nehme damit in Deutschland eine Vorreiterrolle ein.

Die Corona-Pandemie mit existentiellen Auswirkungen auf Künstler und Kulturschaffende habe die Notwendigkeit für verbindliche Strukturen und sichere Förderungen vor Augen geführt, so Pfeiffer-Poensgen. Das Kulturgesetzbuch solle einen zusätzlichen Spardruck im Kulturbereich nach der Corona-Pandemie und eine „Kultur nach Kassenlage“ verhindern, so die Ministerin. 

Untergrenzen für Honorare

Konkret sieht der Gesetzesentwurf vor, dass für Künstler Honoraruntergrenzen gelten sollen, die sich an dem Mindestlohn orientieren. Dies wäre in einigen Bereichen, unter anderem in der Freien Szene, ein „deutlicher Fortschritt“, heißt es. Qualitätskriterien in Musikschulen und Bibliotheken sollen gesetzlich verankert werden. Dazu gehören unter anderem fest angestellte und tariflich bezahlte Musikpädagogen. Eine „Musikschuloffensive“ des Landes sieht ab 2022 sieben Millionen mehr Landesmittel für die Einrichtungen vor, um insgesamt 100 neue Stellen zu ermöglichen. Auch die Provenienzforschung und die Sicherung des kulturellen Erbes sollen durch das Gesetz gestärkt werden. Unter anderem sieht eine Regelung vor, dass der Kunstbesitz des Landes nicht verkauft werden darf, um Haushalte zu sanieren. 

Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft. Foto: Bettina Engel-Albustin / MKW 2017

Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft. Foto: Bettina Engel-Albustin / MKW 2017

Nachhaltigkeit und Bürokratieabbau sind weitere Themen des „KulturGB NW“: So sollen Kultureinrichtung unter anderem ihren ökologischen Fußabdruck beachten. Auch soll es – mit Blick auf ehrenamtliches Engagement – einfacher werden Anträge auf Förderungen zu stellen.

Der Kulturrat NRW begrüßt das Gesetz als wichtiges Signal. „Für die Kulturszene des Landes ist wichtig, dass die Landesregierung zahlreiche Verpflichtungen eingeht, die auch finanzielle Auswirkungen haben. Auch der Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse wird entgegengewirkt“, erklärte der Vorsitzende Gerhart Baum. Nachbesserungsbedarf sieht er in Sachen Bürokratieabbau. Auch Sparten wie der Tanz und die Bildende Kunst seien nicht angemessen berücksichtigt.

Positiv äußerte sich der Landesmusikrat. Gerade mit Blick auf die Zeit nach der Corona-Krise käme der Vorstoß zum richtigen Zeitpunkt. Der Dachverband würdigt besonders, dass ein Kulturgesetzbuch erstmals die Popmusik als Gegenstand der Kulturförderung erwähne. Dies sei im Musikleben in NRW schon lange fällig gewesen. 

Das Kulturgesetzbuch wurde vom Landeskabinett beschlossen. Nun geht es zur politischen Abstimmung ins Parlament. Wenn es dort auf Zustimmung trifft, könnte das Gesetz am 1. Januar 2022 in Kraft treten – rund fünf Monate vor der Landtagswahl.

wsp

Lesen Sie auch im Bereich "Kultur, Politik / Wirtschaft"

Testen Sie den WESTFALENSPIEGEL

Ihnen gefällt, was Sie hier lesen? Dann überzeugen Sie sich von unserem Magazin