Ist von ihren Ämtern zurückgetreten: Annette Kurschus Foto: EKD/Jens Schulze
20.11.2023

Kurschus tritt zurück

Annette Kurschus hat ihre Leitungsämter in der Evangelischen Kirche niedergelegt. Sie war in die Kritik geraten, weil sie von Missbrauchsvorwürfen gegen einen ehemaligen Kirchen-Mitarbeiter gewusst haben soll.

Die 60-Jährige erklärte in Bielefeld ihren Rücktritt als Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland sowie als Präses der Evangelischen Kirche in Westfalen. Mit ihrem Schritt wolle sie Schaden von ihrer Kirche abwenden, so Kurschus. Ihr war vorgeworfen worden, sie habe von Missbrauchsvorwürfen gegen einen ehemaligen Kirchen-Mitarbeiter in Siegen schon seit Ende der 90er-Jahre gewusst. Kurschus war damals Pfarrerin und später Superintendentin in Siegen. Über den Fall hatte die „Siegener Zeitung“ zuerst berichtet.

Der Kirchen-Mitarbeiter soll junge Männer zu sexuellen Handlungen gedrängt haben. „Der Verdacht richtet sich gegen einen Mann, mit dessen Familie ich lange befreundet war. Nie stand ich zu ihm in einem Dienstverhältnis, auch nicht zu meiner Zeit als Pfarrerin und Superintendentin im Kirchenkreis Siegen. Ich wünschte, ich wäre vor 25 Jahren bereits so aufmerksam, geschult und sensibel für Verhaltensmunster gewesen, die mich heute alarmieren würden. Ich habe allein die Homosexualität und die eheliche Untreue des Beschuldigten wahrgenommen“, so Kurschus.

„Mit sich im Reinen“

Fehler bei der Aufarbeitung des Verdachtsfalls räumte sie nicht ein. Sie sei in der Sache mit sich im Reinen, erklärte Kurschus weiter. Seit mehr als einer Woche werde aber in der Öffentlichkeit ein Konflikt zwischen Betroffenen von sexualisierter Gewalt und ihr als Amtsträgerin geschürt. Diesen Konflikt wolle sie auf keinen Fall öffentlich austragen. Ihr Rücktritt solle dazu beitragen, die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt zu stärken. „Für die Menschen, die hier an der Arbeit sind, stehe ich. Ihnen will ich nicht mit Schlagzeilen durch einen Verbleib im Amt schaden“, sagt Kurschuss.


„Mit dem Rücktritt von Annette Kurschus verliert der ökumenische Motor in unserem Land einen wesentlichen Antrieb“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing zum Rücktritt von Annette Kurschus. Foto: Bistum Limburg

Mit Respekt und Bedauern haben Vertreter aus den christlichen Kirchen auf den Rücktritt der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche Deutschlands Annette Kurschus reagiert. Lesen Sie mehr


Ihr Dienst setzte ein öffentliches Vertrauen in meine Person voraus. Dieses Vertrauen habe Schaden genommen. „Und zwar ausgerechnet in dem Bereich, den ich beim Amtsantritt ausdrücklich zu meiner ,Chefinnensache’ gemacht habe“, sagte sie. Diesen Dienst könne sie nicht nicht wirksam tun, wenn ihre Aufrichtigkeit öffentlich angezweifelt und infrage gestellt werde.

Ab sofort wird die stellvertretende Ratsvorsitzende Bischöfin Kirsten Fehrs das Amt des EKD-Vorsitzes kommissarisch übernehmen. Am Wochenende (24. und 25.11.) kommt die Landessynode der Evangelischen Kirche von Westfalen wie geplant zusammen.

jüb, wsp

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