Lebendige Erinnerungskultur
Städte, Einrichtungen und Initiativen erinnern an die Novemberpogrome im Jahr 1938. Ergänzend zu den Gedenkorten ermöglichen neue Digitalangebote eine weitergehende Recherche.
Bochum war im Zweiten Weltkrieg von Orten des Terrors durchzogen. Gefängnisse oder die beiden Außenlager des KZ Buchenwald, Kriegsgefangenen- und andere Zwangsarbeiterlager zählen dazu. Bahnhöfe waren Ausgangs- und Zielorte von Deportationen. Auch sogenannte „Judenhäuser“, in denen Jüdinnen und Juden zuletzt wohnen mussten, oder die Obdachlosenasyle, in die Sinti und Roma zwangsweise eingewiesen wurden, waren maßgeblich für den Terror in der Zeit des Nationalsozialismus. „Die Orte sind eng mit den Schicksalen der Menschen verbunden, die dort litten“, heißt es von der Initiative Nordbahnhof Bochum e.V. Die neue Website „Bochumer Orte des Terrors“ macht diese Stätten nun sichtbar und erklärt ihre Funktion und Bedeutung im NS-Regime. Dazu zählt das „Judenhaus“ nahe des Stadtparks, in dem Familien überwacht und schikaniert wurden, bis hin zum namensgebenden Nordbahnhof. Von der zentralen Sammelstellen aus wurden Juden in Konzentrationslager deportiert. Ab 1944 wurden von dort aus auch Menschen, die in sogenannten „Mischehen“ mit jüdischen Partnerinnen oder Partnern lebten, sowie deren Kinder in Arbeitslager verschleppt. Gleichzeitig diente der Bahnhof-Nord auch als Schlusspunkt für erzwungene Fahrten nach Bochum: Ein Teil der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter kam dort an, ehe sie in Lager verschleppt wurden.
Der Bochumer Nordbahnhof am Rande der Innenstadt wurde im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört; die Architektur mit der Schalterhalle ist jedoch erhalten geblieben. In Teilen des Gebäudes wurde ein Gedenkort eingerichtet. Im Januar wird dort die Ausstellung „Drehscheibe des Terrors“ der 2013 gegründeten Initiative Nordbahnhof Bochum eröffnet. Teil der Schau wird auch eine Medienstation zu den „Bochumer Orten des Terrors 1939-45“ sein.
Erinnerung an NS-Verfolgte
Wie in zahlreichen Städten erinnern auch in Münster Stolpersteine an Menschen, die vom NS-Regime verfolgt wurden. Diese wurden auf Initiative des Künstlers Gunter Demnig an ehemaligen Wohnorten der Opfer verlegt. Ab sofort können die 295 Stolpersteine in Münster im Geoportal des Vermessungs- und Katasteramtes (LINK) online recherchiert werden. Mit Fotos und Dokumenten werden die Schicksale der verfolgten Menschen veranschaulicht. Die Texte basieren auf jahrzehntelangen Forschungen von Historikerinnen und Historikern, heißt es vom Geschichtsort Villa ten Hompel. „Ein so mit umfassenden Informationen versehenes Portal ermöglicht Rechercheprojekte auf einem neuen Niveau und ist auch eine wichtige Anlaufstelle für individuelle Forschungen“, sagt Stefan Querl, Leiter der Villa ten Hompel.
Am Wochenende 9./10. November laden zahlreiche Städte und Gemeinden zu Gedenkveranstaltungen ein. Im Jüdischen Museum in Dorsten werden am Sonntag um 11 Uhr unter dem Titel „Zerbrechlich und Wortgewaltig oder: Nachrichten aus dem Nirgendland“ Gedichte deutsch-jüdischer Autorinnen wie Mascha Kaléko, Nelly Sachs und Rose Ausländer rezitiert. Die Liedermacherin Josefin Rabehl singt passende Lieder. Um 17 Uhr findet in der Gnadenkirche Alt-Wulfen eine Lesung zum jüdischen Tenor Joseph Schmidt, bekannt als „der deutsche Caruso“, statt. Autor Stefan Sprang liest aus seinem Roman und spielt dazu historische Tonaufnahmen von Joseph Schmidt ein.
aki, wsp