Luftschneisen sollen Soester Innenstadt bei Hitze kühlen
Prognosen zeigen, dass die Zahl der heißen Tage in Soest in den kommenden 50 Jahren um 200 Prozent steigen wird. Die Stadt will deshalb die Belüftung der kritischen Bereiche verbessern.
Nicht ganz 50.000 Einwohner zählt die Stadt Soest. Aber es werden mehr, die Stadt ist für die Menschen aus dem Umland offensichtlich attraktiv. „Soest wächst“, freut sich Ulrich Günther. Und weil die Stadt wächst, wird auch Günther in seiner Funktion als Klimaschutzbeauftragter auf den Plan gerufen. Denn er ist an der Entscheidung beteiligt, wo Soest wachsen, wo gebaut werden darf und wo nicht.
Grund für die Einbindung des Klimaexperten sind die zunehmenden Wetterextreme. Gerade die Hitzebelastung in den Innenstädten wird steigen, wie ein Blick auf die zu erwartende Temperaturentwicklung zeigt. So wurden weltweit die zehn heißesten Jahre seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen in den vergangenen 20 Jahren gemessen. Im Klimaanpassungskonzept der Stadt Soest heißt es für die Region: Während in den vergangenen 100 Jahren die Anzahl der Heißen Tage (Temperaturen über 30 Grad Celsius) im Mittel schon auf rund 130 Prozent angestiegen sei, komme in den nächsten 50 Jahren nochmal ein Anstieg von über 200 Prozent dazu.
Belüftung als Schwerpunkt
„Vor diesem Hintergrund ist für uns die Stadtbelüftung ein Schwerpunkt beim Thema Klimafolgeanpassung“, sagt Günther. Die Verwaltung hat wissenschaftliche Untersuchungen an der Ruhruniversität Bochum in Auftrag gegeben, um herauszufinden, wo die tatsächlich wichtigen Belüftungsschneisen liegen. Diese gerade an heißen Sommertagen wichtigen Freiflächen, sollen erhalten und nicht bebaut werden. „Ein wesentliches Ergebnis der Forschungsarbeit der Ruhruni ist, dass Soest zwei wichtige Schneisen hat, die als Luftleitbahnen fungieren“, erklärt Günther. Die größere der beiden aus Richtung Osten, die etwas kleinere aus Richtung Süden. Erst unlängst war eine Erweiterung eines Baugebiets geplant, das in der südlichen Schneise lag. „Wir mussten die Planungen dafür reduzieren und abändern, damit die Belüftung der Innenstadt weiter über diese Schneise erfolgen konnte“, erklärt der Fachmann.
Ein weiteres Ergebnis hat den Verantwortlichen der Stadt vor Augen geführt, wie hoch die Temperaturunterschiede zwischen Stadtgebiet und Umland tatsächlich sind. Demnach war es an Messstationen in der Innenstadt um mehr als vier Grad heißer als an solchen auf dem Land. Allein 2015 wurden in der Innenstadt bis zu elf Tropennächte (Temperaturen hier als 20 Grad Celsius) gemessen, im Außenbereich war es nur eine einzige.
„Wir liegen im Zeitplan“
Doch nicht nur Maßnahmen gegen steigende Temperaturen sind für Soest essential wichtig. Auch der Schutz vor Überflutungen nach Starkregenereignissen steht auf der Agenda. Zuletzt im Sommer 2018 erlebte die Stadt sintflutartige Regenfälle, die ganze Straßenzüge in kleine Flüsse verwandelten. Damit die Stadt künftig mehr Wasser aufnehmen kann, wurde für einige Baugebiete schon eine Dachbegründung vorgeschrieben. Außerdem sollen mehr Bäume gepflanzt, eine Starkregenrisikokarte erstellt und mehr Regenwasser in offenen Flächen gespeichert werden. Die meisten getroffenen Maßnahmen zur Klimafolgeanpassung stehen auch in dem mehr als 200 Seiten starken Konzept. „Dieses Konzept in konkrete Handlungspläne umzusetzen, ist uns in den vergangenen Jahren gut gelungen. Wir liegen überwiegend im Zeitplan“, sagt Günther.
Jürgen Bröker