Die Ausstellung "Eiszeit-Safari" ist noch bis zum 5. Juli in Hamm zu sehen. Foto: Gustav-Lübcke-Museum
25.02.2020

Mit der App durch die Steppe

Die „Eiszeit Safari“-Ausstellung im Gustav-Lübcke-Museum in Hamm präsentiert Mammut, Bison und Wisent. Ein Ausflugstipp aus dem aktuellen WESTFALENSPIEGEL für Familien.

Ob es in der Eiszeit auch Dinosaurier gab? Diese Frage steht am Beginn der „Eiszeit Safari“ im Gustav-Lübcke-Museum in Hamm bei der sechsjährigen Anna Margaretha im Mittelpunkt. Ihre neunjährige Freundin Emily stürmt gleich auf „Urs und Lena“ zu. Die zwei lebensgroßen Figuren stehen für die Menschen, die während der letzten Eiszeit lebten – und mit ihrer Statur dem homo sapiens im Jahr 2020 überraschend ähnlich sehen.

Die 60 Präparate, die vor der Fotokulisse einer eiszeitlichen Landschaft drapiert sind, sind für Kinder wie auch für Erwachsene echte Hingucker. Die körperliche Masse und Wucht des Wisents, das Geweih des Riesenhirschen mit vier Metern Durchmesser oder eben auch das elefantenähnliche Mammut mit seinen bis zu acht Tonnen Gewicht flößen ordentlich Respekt ein.

Viele Funde in der Lipperegion

Anna Margaretha und Emily laufen gemeinsam mit anderen jungen Besuchern von einem Ausstellungsstück zum nächsten. „Ahs“ und „Ohs“ sowie viele neugierige Fragen dringen durch den Museumsraum: Warum hat das Wildpferd eine platte Nase, was machen da die Bärenkinder und waren die Menschen früher arm oder reich?

Die Ausstellung zeigt, welche Tiere in der Eiszeit gelebt haben. Foto: Annette Kiehl

Die Ausstellung zeigt, welche Tiere in der Eiszeit gelebt haben. Foto: Annette Kiehl

Die „Eiszeit Safari“ wurde vom Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim gestaltet und vom Gustav-Lübcke-Museum um einige Stücke ergänzt. Das Hammer Ausstellungshaus verfügt über eine archäologische Sammlung, die sich auch aus Funden aus der Lipperegion speist. Der Naturraum dort glich bis zum Ende der Eiszeit einer Tundra-Steppe und bot ideale Lebensbedingungen für Großsäuger. So wurden in den vergangenen Jahren bei Bauarbeiten immer wieder Fossilien und Knochenreste eiszeitlicher Tiere gefunden.

Eines der wichtigsten Stücke, einen Mammut-Stoßzahn, will das Museum demnächst präsentieren. Der Zahn wurde vor rund zwei Jahren in einem Regenrückhaltebecken in Hamm-Heessen gefunden. Ohne zu wissen, um welch wertvollen Fund es sich hierbei handelte, lagerte ein Landwirt das Elfenbein viele Monate lang zusammen mit Landmaschinen in seiner Tenne, bis er sich an das Hammer Museum wandte. Experten des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe konnten schließlich das Alter des Zahns auf etwa 13.000 Jahre eingrenzen.

Für kleine und große Besucher

Die Ausstellung verbindet solche Exponate mit Informationen zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und Einblicken in das Alltagsleben vor mehr als 15.000 Jahren. Bereits einige simple Fakten verblüffen: Lediglich 6000 bis 300.000 Menschen lebten während der Eiszeit gleichzeitig in Europa, die Jäger und Sammler begegneten sich also selten. Zum Vergleich: Heute gibt es in der Europäischen Union mehr als 500 Millionen Einwohner.

An verschiedenen Stationen können die kleinen Besucher aktiv werden. Hier ertasten sie unterschiedliche Felle. Foto: Annette Kiehl

An verschiedenen Stationen können die kleinen Besucher aktiv werden. Hier ertasten sie unterschiedliche Felle. Foto: Annette Kiehl

Die „Eiszeit Safari“ spricht kleine und große Besucher über verschiedene Kanäle und über die Sinne an. Per Smartphone-App und QR-Codes können ergänzend zu den Ausstellungsstücken kurze Filme abgerufen werden, die einen Einblick in das Leben der eiszeitlichen Menschen geben: Wie wurde musiziert? Was machte der Schamane damals anders als der Arzt heute? Warum mussten Jäger unterwegs immer Nähzeug dabei haben? Die Kinder sind jedoch vielmehr noch von den Tast-Stationen beeindruckt, hier wird der Spieltrieb geweckt. Anna Margaretha und Emily fühlen Fellstücke von Pferd, Fuchs und Wolf. Ein echter Mammut-Zahn verbirgt sich in der Klappe einer weiteren Tast-Station. Hier gilt es, Zähne und Gebisse den eiszeitlichen Tieren zuzuordnen. „Ihhh, das fühlt sich komisch an“, gruseln sich die Kinder beim Fühlen eines Mammut-Beißers mit vielen Rillen.

Zukunftsvisionen zum Klimawandel

Die Ausstellungsmacher vom Mannheimer Museum haben das „Safari“-Thema gewählt, um Besucher in das Leben vor vielen tausend Jahren einzuführen. Die eiszeitlichen Menschen werden als „Scouts“ vorgestellt, der Ausstellungskatalog ist als eine Art Reiseführer gestaltet und aus der Perspektive des Reisenden können dann auch die Tiere und Pflanzen entdeckt werden. Die Frage, wie Dinge, die das Leben heute prägen, zu Zeiten der Eiszeit funktioniert haben, steht bei Exponaten und Erklär-Stationen zu Themen wie „Einkaufen“, „Kleidung“ und „Unterkunft“ im Mittelpunkt.

Kurz vor dem Abschluss der „Eiszeit Safari“ geht es um Zukunftsvisionen und um die Frage, wie der Mensch durch Treibhausgase das Klima beeinflusst. Zwei Fotomontagen stehen für mögliche Entwicklungen: Eine zeigt den Kölner Dom als Teil eines Gletschers – das könnte passieren, wenn in den nächsten 2000 bis 3000 Jahren wieder eine Kaltzeit eintritt. Möglich ist aber auch, dass der Meeresspiegel stark steigt. Sinnbildlich für dieses Szenario steht der Kölner Dom in einem Bild nun am Palmenstrand. Anna Margaretha und Emily haben für diese Bilder keine Augen, aber sie bringen viele Eindrücke mit nach Hause – und die Gewissheit, dass es zwischen Büffeln, Mammuts und Wildpferden doch keine Dinosaurier gab.

Annette Kiehl

Die „Eiszeit Safari“ ist bis zum 9. August 2020 im Gustav-Lübcke-Museum in Hamm zu sehen. Geöffnet Di. bis Sa. 10 bis 17 Uhr, So. 10 bis 18 Uhr. Ein Tipp: Die Eiszeit Safari App schon zu Hause im W-Lan auf das Smartphone laden.
Weitere Infos unter www.museum-hamm.de

Dieser Beitrag erschien zuerst in Heft 01/2020 des WESTFALENSPIEGEL mit weiteren Kultur- und Freizeittipps sowie einen Themenschwerpunkt zu Erinnerungsorten in Westfalen. Mehr erfahren Sie hier

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