Mitarbeiter der katholischen Kirche outen sich
Mehr als 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der katholischen Kirche haben sich auf der Internetseite „outinchurch.de“ als queer geoutet und ein Ende der Diskriminierung gefordert.
Für Priester und Religionslehrer, Pastoralreferentinnen oder auch Verwaltungsmitarbeiter sei der Schritt an die Öffentlichkeit mit großer Angst um den Job verbunden, so der Hammer Priester Bernd Mönkebüscher, der sich bereits 2019 als homosexuell geoutet hat. „Bei vielen ist aber auch das Gefühl vorhanden: Es geht so nicht mehr weiter, ich werde durch dieses ewige Versteckspiel krank“, sagt Mönkebüscher im Gespräch mit dem WESTFALENSPIEGEL.
Als „queer“ bezeichnen sich homo- und bisexuelle Frauen und Männer sowie Menschen, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen gesellschaftlichen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren. Ein Dokumentarfilm der ARD widmet sich ebenfalls dem Thema. In „Wie Gott uns schuf – Coming out in der katholischen Kirche“ sprechen auch Betroffene aus Westfalen über ihre Erfahrungen. Darunter eine inzwischen pensionierte Theologin und ihre Ehefrau, eine Religionslehrerin im Ruhestand, aus Lüdinghausen. Sie berichten von einem fast 40 Jahre andauernden Versteckspiel und enormem Druck, der auf ihnen lastete.
„Für eine Kirche ohne Angst“
„#OutInChurch. Für eine Kirche ohne Angst“, wie die Initiative, die von Mönkebüscher mitbegründet wurde, heißt, will gegen diesen Druck vorgehen und dafür sorgen, dass queere Menschen in der katholischen Kirche sicht- und hörbar werden. Zumindest die öffentliche Aufmerksamkeit war der Initiative sicher: Die Homepage outinchurch.de war am Montag (24.01.) wegen der großen Nachfrage zeitweise nicht erreichbar. „Kirche darf sich nicht länger über Menschenrecht hinwegsetzen“, sagt Mönkebüscher. Die Initiatoren hoffen auf eine Veränderung der Sexualmoral in der katholischen Kirche. „Es muss eine Zäsur geben, nicht irgendwann oder morgen, sondern jetzt“, so Mönkebüscher.
Als Reaktion auf „OutinChurch“ äußerte sich der Bischof von Münster, Felix Genn. Er habe großen Respekt vor den Outing der kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sagte er: „Die bewegenden Aussagen und Lebensschicksale machen deutlich, dass wir in der katholischen Kirche ein Klima der Angstfreiheit brauchen. Niemand darf wegen seiner sexuellen Orientierung oder seiner geschlechtlichen Identität diskriminiert oder abgewertet werden“, so Genn.
jüb/wsp
Zu diesem Thema haben wir ein Interview mit Prof. Thomas Schüller, Kirchenrechtler an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster geführt. Hier geht es zum Interview: „Schwerer Loyalitätsverstoß“