Mobil in die Zukunft
Vorfahrt für das Fahrrad, kostenloser ÖPNV für alle oder doch weiterhin freie Fahrt für den PKW? Wir haben die Parteien zur Landtagswahl gefragt, wie Mobilität in Zukunft aussehen soll.
Ob autofreie Innenstädte in Münster oder Bielefeld, selbstfahrende Busse im Sauerland oder das MonoCab OWL, ein Einschienenfahrzeug, das auf stillgelegten Bahntrassen in OWL fahren könnte – Ideen für die Mobilität von morgen gibt es an vielen Orten in Westfalen. Nicht selten treffen Ideen auf große Vorbehalte oder bleiben als Modellprojekte dann doch „Eintagsfliegen“, die schnell vergessen werden. Im Alltag kommt der Bus in ländlichen Regionen dann weiter viel zu selten und die Zentren der Großstädte ächzen unter dem Autoverkehr. Aber geht es auch anders? In unserer Serie zur NRW-Landtagswahl haben wir die Parteien gefragt, welche Perspektiven sie für den Verkehr sehen.
CDU: Die CDU NRW folgt dem Leitbild, dass die Menschen in der Stadt und auf dem Land selbst entscheiden sollen, wie und womit sie mobil sein möchten. Deshalb hat die Landesregierung mit einer vier Milliarden Euro schweren ÖPNV-Offensive massiv in die Verkehrsinfrastruktur investiert, denn wir wollen den Öffentlichen Personennahverkehr flexibel machen und flächendeckend ausbauen. Hier setzen wir vor allem auf mehr Züge und Schnellbusverbindungen in allen Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern und wollen mehr ‚On-Demand-Angebote‘ bereitstellen. Rekordinvestitionen für den Aus- und Neubau von Radwegen und das geschaffene Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz sollen Nordrhein-Westfalen zum Fahrradland Nr. 1 machen. Zur besseren Vernetzung von ÖPNV, Fahrrad und anderen Mobilitätsangeboten richten wir weitere 1000 Mobilstationen auch in Westfalen ein. Um Seniorinnen und Senioren den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel attraktiv zu machen, werden wir ihnen innerhalb der eezy-App ein 100-km-Ticket im Abo für 30 Euro pro Monat anbieten. Zudem werden wir ein grenzüberschreitendes Ticketing im ÖPNV entwickeln.
SPD: Klar ist, dass auch in Zukunft viele Menschen auf ihr Auto angewiesen sind, um zur Arbeit zu kommen oder Dinge zu erledigen. Trotzdem setzen wir auf klimafreundliche und bezahlbare Mobilität und wollen massiv in den ÖPNV und SPNV investieren – in den Ausbau der Strecken und in mehr Personal. Jeder Mensch in NRW muss die Möglichkeit bekommen, im Alltag das öffentliche Netz von Bus und Bahn ab der eigenen Haustür zu nutzen. Für Schülerinnen und Schüler werden wir ein kostenfreies Ticket einführen – zur Entlastung der Familien und für eine umweltfreundliche Mobilität von Kindesbeinen an.
Grüne: Mobilität bedeutet an unserer Gesellschaft teilzuhaben. Wir wollen zuverlässige Busse und Bahnen in Land und Stadt, mehr Haltestellen und garantierte Taktung auch nachts und am Wochenende. Wir brauchen auch WLAN in allen Bussen und Bahnen. Unser Ziel ist in ganz NRW ein Bürgerticket einzuführen. Um die Verkehrswende zu gestalten, wollen wir mit dem kostenfreien Ticket für Schüler*innen und junge Menschen bis 18 Jahre und dem Ausbau sozialer Tickets und Jobtickets anfangen. Wir wollen die Radnetze ausbauen und sichere Radwege schaffen. Zusätzlich wollen wir Abstellmöglichkeiten für Fahrräder ausbauen und die Mitnahme in Bus und Bahn erleichtern. Es braucht mehr Platz für Fußgänger*innen und spielende Kinder. Wir wollen mehr sichere Überquerungen und barrierefreie Wege. Die E-Mobilität wollen wir zudem unterstützen und dafür unter anderem Ladestationen landesweit ausbauen.
FDP: Wir setzen uns für eine kundenorientierte Entwicklung der Haltepunkte insbesondere in ländlicheren Regionen und eine bessere Verknüpfung mit anderen Verkehrsträgern ein. Streckenreaktivierungen werden wir prüfen. Innovationsprojekte wie wasserstoffbetriebene Streckenabschnitte im Bahn- oder ÖPNV-Verkehr unterstützen wir ebenso wie die Initiative der Hochschulen in Ostwestfalen-Lippe für einen Rail Campus in Minden, um Ostwestfalen-Lippe zu einem Schwerpunkt für die Bahntechnologie der Zukunft zu entwickeln. Auch durch eine flächendeckende Ausweitung von On-Demand-Systemen wollen wir die Erreichbarkeit des ländlichen Raums durch ein öffentliches Verkehrsangebot massiv verbessern. Daneben wollen wir die Rahmenbedingungen für einen schnellen Ausbau von Ladeinfrastrukturen als Voraussetzung eines Markthochlaufs der E-Mobilität weiter verbessern. Denn gerade dort ist die Individualmobilität durch das Auto oft unverzichtbar. Wir unterstützen außerdem die Initiative zum Aufbau einer Modellregion „Postfossile Mobilität“ in Kooperation mit den Hochschulen in Ostwestfalen-Lippe.
AfD: Die AfD schützt und fördert den motorisierten Individualverkehr als beliebteste Möglichkeit der Fortbewegung, z. B. durch bedarfsgerechten Ausbau von P+R-Anlagen. Intelligente, digital gesteuerte Verkehrsbeeinflussungsanlagen und stauvermeidende Verkehrsführung schützen die Umwelt – nicht aber wissenschaftlich mangelhaft belegte Maßnahmen wie z. B. Dieselfahrverbote oder innerstädtische „Umweltspuren“. Die einseitige Förderung der Elektromobilität durch die Regierungsparteien ist ein Fehler. Der moderne Verbrennungsmotor ist in der Gesamtbilanz, also unter Einschluss der Batteriefertigung und des Strommix in der EU, absolut konkurrenzfähig zum Elektroauto. Wir wollen pünktliche und sichere öffentliche Verkehrsmittel, die den Menschen die tägliche Fahrt zur Arbeit, Schule, Universität oder Ausbildung in angemessener Zeit ermöglichen. Wir lehnen weitere, politisch ausgelöste Kostensteigerungen zu Lasten der Autofahrer ab und setzen auf Freiwilligkeit durch attraktive Angebote. Die Qualitätssteigerungen der letzten Jahre sind ein direkter Erfolg der Wettbewerbspolitik auch in Nordrhein-Westfalen. Die Kommunen sollen verstärkt dazu gebracht werden, ihre Bus- und Straßenbahnleistungen so zu organisieren, dass im Sinne eines integralen Taktverkehrs möglichst gute Umstiege an den Bahnhöfen möglich sind. Zu guten öffentlichen Verkehrsmitteln gehört auch ein effektives Sicherheitskonzept.
Mehr zur Landtagswahl 2022 in NRW lesen Sie auf unserer Sonderseite.
wsp