„Museen sind Kraftorte“
Die Kunstmuseen wünschen sich eine Perspektive für einen Weg aus dem Shutdown. Mit diesem Anliegen sind mehr als 50 Museumsdirektoren in einem Brief an Kulturstaatsministerin Monika Grütters herangetreten. Einer der Unterzeichner ist Dr. Hermann Arnhold, der das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster leitet. Im Interview mit dem WESTFALENSPIEGEL spricht er über Chancen für eine Öffnung, Online-Führungen und eine Ausstellung im Lockdown.
Herr Dr. Arnhold, was ist Ihr Anliegen bei dieser Initiative?
Der Brief ist ein Gesprächsangebot an Frau Grütters. Es geht mir und vielen anderen Direktorinnen und Direktoren der Kunstmuseen darum, eine Perspektive aufzuzeigen. Wir bieten an, gemeinsam mit der Politik einen Plan zu erarbeiten, unter welchen Umständen eine Öffnung der Museen möglich sein könnte. Ich erfahre in dieser Zeit, in der wir täglich mit vielen schlechten Nachrichten konfrontiert werden, dass es bei vielen Menschen ein starkes Bedürfnis nach Kunst gibt. Museen gehören zur Gesellschaft und sind wichtige Kraftorte – gerade in der Krise.
Wie passt das zur allgemeinen Aufforderung, zu Hause zu bleiben?
Es geht uns nicht um eine sofortige und vollständige Öffnung. Aber wir sind in der Lage, die Museen differenziert und für bestimmte Gruppen zu öffnen, zum Beispiel als Bildungsort für Schulen. Wir haben große Räume mit exzellenten Klima- und Filteranlagen. Darüber hinaus gibt es in den Museen erprobte Konzepte, um Besucher zu begrenzen und auf Räume zu verteilen.
Münster hat vergleichsweise niedrige Infektionszahlen. Wäre eine Öffnung des LWL-Museums für Kunst und Kultur nun denkbar?
Nein, das halte ich für nicht vertretbar. Als Museen haben wir eine gesellschaftliche Verantwortung. Da kann es nicht darum gehen, bei einem positiven Trend, von dem wir nicht wissen, wie nachhaltig dieser ist, gleich los zu preschen und eine Sonderbehandlung zu fordern. Hier ist vielmehr eine Solidarität mit anderen Städten und Museen angebracht.
Das LWL-Museum bietet Zoom-Führungen und Instagram-Touren durch die Ausstellungen an. Kann das den Museumsbesuch ersetzen?
Das Gegenteil ist der Fall! Die Leute, die bei uns eine Online-Führung buchen, tun dies in aller Regel nicht, weil sie die Tour gern allein vor dem Bildschirm machen wollen, sondern weil dieses Angebot eine Art Brücke zum Museum ist. Die Nachfrage ist riesig: Allein in der letzten Woche gab es 27 ausgebuchte Zoom-Gruppenführungen durch die „Passion Leidenschaft“-Schau. Solche Angebote wird es sicher auch in Zukunft geben. Sie stellen die Faszination, die ein originales Kunstwerk vor Ort im Museum ausübt, aber nicht in Frage. Es geht vielmehr darum, das Spektrum unserer Angebote für die Öffentlichkeit zu erweitern.
Die „Passion Leidenschaft“-Ausstellung wurde im Oktober, nur wenige Wochen vor dem Lockdown eröffnet. Bald schließt sie wieder und konnte nur wenige Besucher erreichen.
Das schmerzt tatsächlich. Die „Passion Leidenschaft“ gehört zu den Ausstellungen mit einer der längsten Vorbereitungszeiten überhaupt. Zahlreiche Kunstwerke internationaler Leihgeber sind zu sehen. Natürlich war es unsere Absicht, deutlich mehr Menschen zu erreichen. Eine Verlängerung ist aber nicht möglich. Das Museum hätte nur ein Viertel der Leihgaben über den geplanten Termin hinaus behalten können. Damit wäre das gesamte Konzept der Schau zusammengebrochen. Wir blicken nun in die Zukunft und ich hoffe sehr, dass wir ab Ende Mai die Ausstellung zu August und Elisabeth Macke zeigen können. Darauf freue ich mich besonders. Wir kommen wieder!
Interview: Annette Kiehl, wsp
Weitere Informationen zur aktuellen Ausstellung „Passion Leidenschaft“ im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster finden Sie hier.