09.12.2014

Musikstudio unterwegs: Mobile Kulturarbeit überwindet Entfernungen im ländlichen Westfalen

Westfalen (wh). Die Musikschule, der Probenraum und der Club für Konzerte und Künstler: Was in Großstädten selbstverständlich zum Stadtbild zählt, ist auf dem Land oft eine lange Busfahrt entfernt. Das Netzwerk "Create Music" und lokale Initiativen versuchen, die Musikszene im ländlichen Westfalen zu unterstützen und solche Hürden zu überwinden.

Mit dem Rockmobil kommt in Hilchenbach das Studio für Musiker mitunter bis vor die Haustür gefahren. Bereits 1988 hatte der Diplom-Pädagoge Hans Dieter Klug die Idee einer mobilen und dezentralen Musikschule im Siegerland: "Wie ein Spielmobil, aber mit Musik", beschreibt er das Konzept und berichtet: "Wir waren damals Vorreiter in Deutschland und sind mit unserem Angebot immer noch weitgehend einzigartig."

Das Rockmobil des Vereins Mobile Musikprojekte ist ein zum Musikstudio umgebauter, 18 Meter langer Bus. Schallisoliert und mit Instrumenten sowie Studiotechnik ausgerüstet, bietet es Raum für Unterricht, aber auch für Proben und Aufnahmen. Es ist für Kurse und Bandworkshops in Südwestfalen unterwegs, aber auch bei Festivals und für Musikprojekte im Einsatz.

Dabei geht es nicht nur um den klassischen Blockflöten- und Gesangsunterricht, sondern auch um Popmusik. "Dieses Thema war lange vernachlässigt und manche Familien haben zum klassischen Angebot der Musikschulen keinen Bezug", erinnert sich Klug. Das Rockmobil hingegen helfe, Hürden und Schwellenangst zu überwinden.

Die sogenannte aufsuchende Kulturarbeit ist auch ein wichtiges Anliegen des Projektes "Create Music", das junge Bands in Westfalen bei der Professionalisierung unterstützt. "Wer sich nicht mit Förderung auskennt, weiß auch nicht, wie er dran kommt. Deshalb gehen wir einen entscheidenden Schritt auf die Bands zu", fasst Projektleiter Yao Houphouet die Idee zusammen. Diese Haltung sei besonders auf dem Land wichtig, wo Entfernungen weit und Busverbindungen selten sind. "Es gibt dort viele junge Musiker mit echtem Innovationspotential, doch viele trauen sich nicht, selbst aktiv zu werden. Oft hilft allein der Austausch und das Wissen darüber, wo sie Proberäume oder Auftrittsmöglichkeiten finden schon wesentlich weiter. Viele sind dann überrascht, dass es zum Beispiel tolle Tonstudios in ihrer Nachbarschaft gibt."

"create music" hat in Westfalen vier regionale Online-Bandportale eingerichtet, veranstaltet Workshops und unterstützt Musiker mit Finanzspritzen, um Aufnahmen oder Auftritte zu ermöglichen. Viele Bands ziehe es dabei gar nicht nur auf die großen Bühnen der Metropolen, beobachtet Houphouet: "Es gibt zum Beispiel in Südwestfalen viele schöne Orte mit einer außergewöhnlichen Atmosphäre für Konzerte. Das ist immer stärker gefragt – selbst bei Bands aus dem Kölner Raum."

Lesen Sie auch im Bereich "Freizeit, Gesellschaft, Kultur, Politik / Wirtschaft, Wissenschaft"

Testen Sie den WESTFALENSPIEGEL

Ihnen gefällt, was Sie hier lesen? Dann überzeugen Sie sich von unserem Magazin