Mitarbeiter in der Fleischzerlegung bei Tönnies. Foto: Tönnies
20.05.2022

NRW muss Fleischbetriebe entschädigen

2020 standen die Fleischfabriken Tönnies und Westfleisch wochenlang wegen Corona-Ausbrüchen still. Hunderte Arbeiter hatten sich infiziert. Das Land muss für die Betriebsstilllegungen und die Quarantänen Entschädigungen zahlen, entschied das Verwaltungsgericht Münster.

Damit schlossen sich die Münsteraner Richter einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden an, das zu Beginn des Jahres in ähnlichen Fällen vergleichbar entschieden hatte. An beiden Gerichten liegen mehr als 7000 Klagen von betroffenen Arbeitnehmern vor, die über Werkvertragsunternehmer in Schlachtbetrieben bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück oder Westfleisch in Coesfeld eingesetzt wurden, heißt es in einer Mitteilung des Fleischfabrikanten Tönnies.

„Wir waren kein direkter Prozessbeteiligter. Aber auch das Urteil im zweiten Musterverfahren entlastet das Unternehmen Tönnies. Es unterstreicht, dass Tönnies nicht fahrlässig gehandelt und den Ausbruch verursacht hat. Stattdessen stellen die Richter klar, dass das Corona-Management auf der Höhe der Zeit war und Aerosole als Haupt-Risikofaktor für Corona-Infektionen nicht bekannt sein konnten“, sagt Fabian Reinkemeier, Leiter der Unternehmenskommunikation bei Tönnies.

Keine Fahrlässigkeit

Bei den jetzt in Münster entschiedenen Fällen ging es um Mitarbeiter, die im Frühjahr und Sommer 2020 auf Anordnung der Behörden in Quarantäne gehen mussten. Von den Werkvertragsunternehmen, bei denen sie angestellt waren, erhielten sie weiter ihren Lohn plus Sozialabgaben. Diese Unternehmen forderten die geleisteten Zahlungen vom Land zurück, das sich aber weigerte die Entschädigung zu zahlen. Begründung: Die Unternehmen hätten ihre Mitarbeiter am Arbeitsplatz nicht ausreichend vor einer Corona-Infektion geschützt. Daher gebe es auch keinen Anspruch auf Lohn-Entschädigung.

Die Richter in Münster und zuvor in Minden sahen das anders. Eine alleinige Schuld der Arbeitgeber an der angeordneten Quarantäne konnte ihrer Auffassung nach nicht nachgewiesen werden. Dies sei aber Voraussetzung dafür, dass der Anspruch auf Entschädigung entfalle. Bei dem Corona-Ausbruch im Frühjahr 2020 habe es aber eine Vielzahl von Faktoren gegeben. Die Richter wiesen darauf hin, so Tönnies weiter, dass zum damaligen Zeitpunkt von der Bedeutung der Aerosole und der Übertragung von Corona über die Umluftkühlung niemand etwas gewusst habe. Daher liege auch keine Fahrlässigkeit vor. Die Urteile aus Münster und Minden sind noch nicht rechtskräftig.

wsp

Lesen Sie auch im Bereich "Politik / Wirtschaft"

Testen Sie den WESTFALENSPIEGEL

Ihnen gefällt, was Sie hier lesen? Dann überzeugen Sie sich von unserem Magazin