Für immer geschlossen: Der Kaufhof in Hamm. Foto: Kiehl
25.06.2020

„Nun ist der Weg frei“

Rolf Junker ist Stadtplaner und Einzelhandelsspezialist aus Dortmund. Im Auftrag von Kommunen sowie in Forschungsarbeiten beschäftigt er sich mit Chancen für Innenstädte. Im Interview mit westfalenspiegel.de spricht er über die Schließung der Kaufhäuser von Galeria Karstadt Kaufhof.

Herr Junker, ist die Zeit der Warenhäuser vorbei?
In vielen Städten trifft das zu. Einkaufsgewohnheiten der Kunden haben sich längst verändert. Viele Artikel aus dem klassischen Warenhaussortiment werden heute im Internet bestellt. Innerstädtische Einkaufscenter haben zusätzlich geschadet. Einige der Standorte, die bald geschlossen werden, standen schon lange Zeit auf der Kippe. Die Corona-Krise wirkte dann als Brandbeschleuniger.

Wir hart treffen die Schließungen die Innenstädte?
Kaufhäuser sind vielfach Identifikations- und Begegnungsorte. Und: In einigen Städten belegen sie bis zu einem Fünftel der Einzelhandelsfläche. Sie ziehen Kunden in die Innenstadt. Wenn das wegfällt, fehlen diese Kunden dann auch anderen, kleineren Einzelhändlern.

Rolf Junker. Foto: Kiehl

Rolf Junker. Foto: Kiehl

Bietet die Krise auch Chancen?
Nun ist der Weg frei, über Möglichkeiten für eine neue Nutzung der Immobilien und Grundstücke zu sprechen. In manchen Städten wurde bereits seit Jahren gezittert, wie lange es die Kaufhäuser noch geben wird. Dieses Hoffen und Bangen kann eine Stadtentwicklung regelrecht lähmen. Unter Umständen werden dann Entscheidungen hinausgezögert, um einen Standort nicht in Gefahr zu bringen.

Sie haben sich mit der Umwandlung aufgegebener Hertie-Standorte beschäftigt. Was können Städte hier lernen?

Es gibt einige positive Beispiele, wie an alten Hertie-Immobilien durch mutige Eingriffe neues Leben ermöglicht wurde. Dazu zählt auch das Hertie-Haus in Lünen. Nach der Schließung 2009 wurde das Gebäude entkernt und umfassend umgebaut. Heute gibt es dort neben einem Supermarkt und Gastronomie auch zahlreiche Wohnungen. In einem Mix verschiedener Nutzungen, dazu können auch Büros, Fitnessstudios und städtische Einrichtungen zählen, liegt die Zukunft. Die reine Einkaufsstadt wird es immer seltener geben.

Interview: Annette Kiehl / wsp

Mehr zu den geplanten Kaufhaus-Schließungen lesen Sie hier:
Aus für sieben Galerie-Kaufhäuser

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