Nur noch mit halber Fracht
Das anhaltende Niedrigwasser auf dem Rhein hat auch Auswirkungen auf die Binnenschifffahrt auf den westfälischen Kanälen.
So kommen etwa am Dortmunder Hafen immer häufiger nur halb oder zu einem Drittel beladene Schiffe an. „Zwar wird der Wasserstand im westdeutschen Kanalsystem konstant gehalten, doch viele Schiffe gelangen über den Rhein nach Dortmund“, erklärt ein Sprecher des Dortmunder Hafens gegenüber dem WESTFALENSPIEGEL.
Ilja Nothnagel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), rechnet nun mit einem enormen Anstieg der Frachtpreise. „Schiffsraum ist inzwischen knapp geworden, denn Schiffe können häufig nur noch zu Teilen beladen werden“, so Nothnagel. „Als Folge sind die Preise für Frachtgut bereits deutlich gestiegen.“
Weniger Kohle über Wasserweg
Nothnagel verwies darauf, dass mehrere Industriezweige von der Binnenschifffahrt abhängig sind, das gelte vor allem für die chemische Industrie, die Mineralölwirtschaft, die Stahlindustrie und aktuell besonders die Kohlekraftwerke. „Für viele Unternehmen gerade entlang der Wasserstraßen sind die Frachtkapazitäten kurzfristig nicht zu ersetzen“, stellt er klar – obwohl der Anteil der Binnenschifffahrt an der Verkehrsleistung im Güterverkehr mit sieben Prozent vergleichsweise gering sei.
Im Trianel-Kohlekraftwerk Lünen beobachtet man die Situation. Über den Kanal komme zwar weniger Kohle an, aber durch ein optimiertes Logistikkonzept könne das Defizit über die Schiene und den Transport per Lkw kompensiert werden, so eine Trianel-Sprecherin. Aktuell sei der Kraftwerksbetrieb nicht gefährdet.
Rekordtiefstand für Pegel in Emmerich
Im Laufe der Woche waren die Pegelstände des Rheins an einigen Stellen auf ein Rekordtief gesunken. So wurden in Emmerich Null Zentimeter gemessen. Dass die Binnenschiffe dennoch weiter fahren können, liegt an den ausgebaggerten Fahrrinnen. Wie der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) mitteilt, werden die Schiffe fahren, solange es nautisch und sicher möglich ist. Man unternehme alles, um die Versorgung auch unter erschwerten Schifffahrtsverhältnissen sicherzustellen.
„Wie bei Niedrigwasser üblich, muss dazu derzeit mehr Schiffsraum in Fahrt gesetzt werden, wobei die Nachfrage nach Binnenschiffstransporten etwa für den Transport von Kohle, Getreide oder chemischen Erzeugnisse weiterhin sehr hoch ist. Am Mittelrhein kann ein Binnenschiff, dass auf den Transport von 4.000 t ausgelegt ist, derzeit noch rund 1.000 t laden. Die prozentuale maximale Auslastung variiert jedoch je nach Schiffstyp, Fahrtgebiet und Ladungsgut“, so eine Sprecherin des BDB.
Keine kurzfristigen Lösungen
Derzeit gebe es keine kurzfristigen Lösungsmöglichkeiten, abgesehen von der Transportplanung anhand der Wasserstandsprognosen und dem engen Dialog zwischen der Binnenschifffahrt und ihren Kunden, um auf Niedrigwasser zu reagieren, heißt es vom BDB weiter. „Insbesondere gibt es keine zusätzlichen und bisher ungenutzten Schiffe, die in Fahrt genommen werden könnten. Der verfügbare Schiffsraum befindet sich in Fahrt“, sagt die Sprecherin. Experten rechnen jedoch damit, dass extremes Niedrigwasser auch in den kommenden Jahren immer wieder zu Problem führen wird. Langfristig sollen daher die Prognosemodelle für Niedrigwasser verbessert werden, zudem sind niedrigwassertaugliche Transportschiffe in Planung.
jüb/wsp