Omikron erhöht den Druck
Die Omikron-Variante des Coronavirus sorgt auch in Westfalen für deutlich steigende Fallzahlen. Experten sehen das Gesundheitssystem weiter unter wachsendem Druck.
Zuletzt wurden in der Region weit mehr als 10.000 Neuinfektionen an einem Tag gemeldet. Auch wenn die Verläufe bei einer Erkrankung mit der Omikronvariante deutlich seltener dazu führen, dass Patienten auf der Intensivstation aufgenommen werden müssen, erwarten der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Johannes Albert Gehle, und der Ärztliche Direktor des Universitätsklinikums Münster (UKM), Prof. Dr. med. Alexander W. Friedrich, wegen der „rasanten Verbreitungsdynamik“ eine angespannte Situation in den Krankenhäusern.
„Die Patientenzahlen werden zunehmen, gleichzeitig wird auch Personal ausfallen, weil es sich trotz Impfung infiziert hat“, sagte Friedrich am Freitag (21.01.) bei einer Videopressekonferenz. „Momentan fühlt es sich an wie die Ruhe vor dem Sturm. Ich gehe davon aus, dass sich die Intensivstationen im Februar und März vor allem mit Ungeimpften füllen werden“, so Friedrich weiter. Gehle glaubt, dass auch die Zahl der Corona-Patienten, die auf den normalen Stationen behandelt werden müssen, in den nächsten Wochen deutlich steigen wird. Glücklicherweise sei aber die Verweildauer bei Omikron mit drei bis fünf Tagen deutlich geringer als bei der Deltavariante (sieben bis zehn Tage).
Infektion vermeiden
Beide Mediziner rechnen damit, dass eine vierte Impfung zumindest für die Menschen, die im Gesundheitssystem arbeiten, notwendig werden könnte. Dann sollte aber ein an die aktuell grassierende Variante angepasstes Vakzin verimpft werden. Auch für ältere Menschen, bei denen die Booster-Impfung nun schon einige Monate zurückliegt, könnte eine weitere Auffrischungsimpfung mit einem auf die Omikronvariante abgestimmten Vakzin weiteren Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf bieten.
Von einer absichtlich herbeigeführten Coronainfektion raten beide Mediziner dringend ab. Auch wenn Omikron in der Mehrzahl einen recht milden Verlauf nimmt, seien die Langzeitfolgen einer Erkrankung nicht abzuschätzen. „Das gilt vor allem auch für Kinder. Wir wissen nicht, was die Infektion auf Dauer anrichtet“, so Gehle. Auch sei noch nicht gesichert, dass eine Infektion mit der Omikronvariante vor einer Ansteckung mit dem Deltavirus schützt. Der beste Weg aus der Pandemie sei die Impfung, betonten beide Mediziner. Sie biete auch den besten Schutz davor, schwer an Covid-19 zu erkranken.
Mediziner erwarten weitere Wellen
Die Bevölkerung muss sich auf weitere Wellen einstellen, da sind sich die Experten sicher. „Seit Beginn der Pandemie haben wir als Ärzte in Westfalen-Lippe den Pandemie-Verlauf in Wellen mit eher fünf als drei Jahren vorhergesagt. In den Wellen scheint das Virus unsere Gesellschaft und ihre gesundheitspolitischen Entscheidungen mit seinen Varianten immer wieder vor sich herzutreiben. Erkenntnisse und Überzeugungen ändern sich so rasch wie in keinen anderen Zeiten, die Entscheidungsfindung kommt nicht hinterher“, so Gehle. Wichtig für die Bevölkerung sei zu wissen, „dass wir uns auch in den nächsten Monaten immer wieder an neue Lagen anpassen müssen. Dieses Wissen offensiv nach vorne getragen, würde meines Erachtens der Bevölkerung mehr Sicherheit geben, statt immer neue Versprechungen.“
jüb/wsp