LWL-Direktor Dr. Georg Lunemann vor der Landschaftsversammlung in Münster. Foto: LWL/Urban
30.03.2023

Potenziale ausschöpfen

Der Kampf gegen den Arbeitskräftemangel in pflegerischen und sozialen Berufen stand in der Landschaftsversammlung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) im Mittelpunkt. LWL-Direktor Dr. Georg Lunemann sprach sich für ein Gesellschaftsjahr aus.

Für die Ableistung eines solchen Pflichtjahres könne der LWL „aus dem Stand“ rund 500 Plätze anbieten, sagte Lunemann in seiner Rede vor der Landschaftsversammlung in Münster und betonte: „Wir brauchen mehr Staatsbürger als Staatsnutzer.“ 

Der LWL-Direktor machte die Auswirkungen des Fachkräftemangels deutlich: Nach der jetzigen Prognose müsse der LWL allein für den eigenen Bedarf innerhalb von zehn Jahren insgesamt rund 26.000 neue Kräfte gewinnen. „In unserer Behindertenhilfe, in unseren Krankenhäusern und bei unserem Landesjugendamt sind ständig Stellen frei – bald wird es einfacher sein, ein westfälisches Wildpferd im Merfelder Bruch einzufangen, als eine Stelle neu zu besetzen“, so Lunemann.

Inklusion als Lösung?

Doch es wurden auch Perspektiven aufgezeigt. „Menschen mit Behinderungen zum Beispiel sind ein Potential, das unsere Gesellschaft noch lange nicht ausgeschöpft hat“, machte der Verbandschef deutlich und fragte: „Warum sollte der LWL nicht sagen, dass wir innerhalb von sieben Jahren zehn Prozent dieser Menschen aus den Werkstätten in den ersten Arbeitsmarkt bringen? Warum soll der LWL nicht bis zum Jahr 2030 seine eigene Schwerbehindertenquote von knapp acht auf zehn Prozent hochschrauben?“

LWL-Kämmerin Birgit Neyer sieht in der Digitalisierung eine Chance, dem Fachkräftemangel zu begegnen. So könne technische Assistenz dabei helfen, Menschen mit Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. „Das wäre für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation“, machte die Erste Landesrätin vor der Landschaftsversammlung deutlich und führte aus: „Arbeitgeber können ihren Personalbedarf stillen, gleichzeitig wird ein Platz in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung verfügbar – und mit jedem behinderten Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt sinken die Kosten der Eingliederungshilfe.“

Gütersloher Modell

Als ein Projekt im Kampf gegen den Fachkräftemangel wurde das „Gütersloher Modell“ des LWL-Klinikums Gütersloh vorgestellt. Der Abbau von Hierarchien im Pflegedienst, die Einbeziehung von Mitarbeitenden in Veränderungsprozesse und ein neues Praxisanleitersystem spielen dabei eine Rolle und tragen unter anderem dazu bei, die Quote der Auszubildenden, die vorzeitig aussteigen, von durchschnittlich bundesweit 30 auf 12,9 Prozent zu senken. „Wir haben gegen den Trend und trotz Pandemie über 50 Vollzeitkräfte in der Pflege hinzugewonnen und als zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehalten“, sagte Pflegedirektor Prof. Dr. Michael Löhr vor der Landschaftsversammlung.

wsp

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