Problemfall „Coffee to go“
Kaffee-Pappbecher können kaum recycelt werden. In zahlreichen westfälischen Städte werden deshalb Mehrweglösungen umgesetzt. Bisher mit unterschiedlichem Erfolg.
Als Anfang der 2000er Jahre die ersten Filialen amerikanischer Kaffeebars in Deutschland eröffneten, wurde der „Coffee to go“ im Pappbecher zum Trend. Heute, etwa 20 Jahre später, gelten diese Becher als Problemmüll.
2,8 Milliarden Einwegbecher werden jedes Jahr in Deutschland für Heißgetränke verwendet, zeigen Zahlen des Umweltbundesamtes. Kritisch ist, dass sie meist Papier- und Plastikbestandteile enthalten – das erschwert das Recycling. Ein weiteres Ärgernis: Die Behälter verstopfen Mülleimer in den Innenstädten oder landen nicht selten daneben. Als Konsequenz bieten einige westfälische Städte und Initiativen eigene Mehrwegbecher an. Aus Edelstahl oder Kunststoff gefertigt, sollen sie dazu beitragen, die Zahl der Wegwerfbecher zu senken. Die Bilanz fällt gemischt aus.
„Gilde-Becher“ in Münster
In Münster gibt es seit Anfang 2017 bei verschiedenen Bäckereien den „Gilde-Becher“. Sechs Euro kostet der Edelstahlbecher pro Stück inklusive einer Kaffee-Füllung. Der Vorteil für Kunden: Wer einen „Coffee to go“ bestellt und diesen oder einen anderen Becher mitbringt, erhält 20 Cent Rabatt. 8000 „Gilde-Becher“ wurden bislang verkauft, bald soll die zweite Auflage mit 5000 Stück starten, berichtet Innungsobermeister Georg Krimphove. Ob das ein Erfolg ist? Der Bäckerei-Chef antwortet diplomatisch: „Jeder verkaufte Becher ist ein Erfolg.“ Die meisten Kunden bestellen den Kaffee für unterwegs immer noch im Pappbecher, die Nutzung des Mehrwegsystems liege im einstelligen Prozentbereich, sagt Krimphove: „Wir können die Mehrwegbecher nur anbieten und bewerben; letztendlich entscheidet aber der Kunde.“
Während Gelsenkirchen und Bielefeld zufrieden mit der Resonanz auf die städtischen Mehrwegbecher sind, fällt die Bilanz in Bottrop eher verhalten aus. Seit Anfang dieses Jahres geben die städtischen Entsorgungs- und Stadtreinigungsbetriebe einen Mehrwegpfandbecher heraus. 4000 Stück seien im Umlauf, doch die Nutzung sei eher mäßig, beobachtet die Sprecherin der Betriebe, Nicole Gottemeier: „Wir unterstützen dieses System, weil wir es für sinnvoll halten. Wir haben jedoch den Eindruck, dass viele Kunden die Becher behalten, statt sie kontinuierlich zu nutzen.“ Ein Problem sei, dass mehrere Großbäckereien, Tankstellen und Supermärkte eigene Mehrwegbecher verkaufen und daraus eine Art Konkurrenz der Systeme entstanden sei, erzählt Gottemeier. „Positiv sind unsere Erfahrungen bei Großveranstaltungen. Hier sind die Becher beliebt und werden genutzt.“
Alternative aus Maisstärke
In Münster betreibt Mario Joka die Kaffeehaus-Kette Röstbar. In seinen Cafés bietet er seit mehreren Jahren Mehrwegbecher aus Glas oder auch aus Kunststoff an. Zusätzlich hat sich die Röstbar dem „Cup for Cup“-Pfandsystem angeschlossen. Dieses ermöglicht es den Kunden, spezielle Kunststoffbecher in unterschiedlichen Cafés zurückzugeben. Doch trotz dieser Angebote: 70 Prozent der „To go“-Kaffees werden in den Röstbars im Einwegbecher ausgeschenkt, berichtet Joka: „Viele Menschen wissen schon, dass Mehrweg die bessere Wahl ist. Aus Bequemlichkeit werden aber meist die Einwegbecher verlangt.“ Der Unternehmer bietet daher umweltfreundliche Becher aus Maisstärke an, die ohne Rohöl-Bestandteile auskommen. „Das ist für mich vertretbar“, sagt Joka. Dieser Anspruch hat jedoch seinen Preis: Im Vergleich zum Plastik-Papp-Becher kosten ihn die Öko-Becher etwa vier Cent pro Stück mehr.
Annette Kiehl
Dieser Beitrag erschien zuerst im WESTFALENSPIEGEL Heft 5/2019.