Reden über Stalag
In Bielefeld haben knapp 100 Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft über die Herkunft und Zukunft der Gedenkstätte Stalag 326 bei Schloß Holte-Stukenbrock diskutiert.
Die Erweiterung der Gedenkstätte, dem größten ehemaligen Gefangenenlager für sowjetische Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg, sei nie so nah gewesen, sagte Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger, Kulturdezernentin des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in ihrer Begrüßungsrede. Nach dem positiven Votum des Kreistags Gütersloh zu den Plänen blicke man nun auch angesichts des großen überregionalen Interesses in eine positive Zukunft.
Im Fokus der Tagung stand die Frage nach einer zukünftigen Forschungs- und Erinnerungsarbeit. Fünf Millionen sowjetische Kriegsgefangene litten im Deutschen Reich, davon wurden drei Millionen ermordet oder starben in Zwangsarbeit oder an Krankheit. Das Stammlager 326 diente für hunderttausende Häftlinge als sogenanntes Durchgangslager und als Verteilstation für die Arbeitseinsätze im Gebiet des heutigen NRW. Eine zukünftige Ausstellung in der Gedenkstätte soll dazu beitragen, ihre Lebenswege darzustellen. „Wir versuchen beispielsweise nachzuvollziehen, auf welche Lager die Kriegsgefangenen verteilt wurden, in welchen Arbeitseinsätzen sie waren und wie sie mit der Bevölkerung interagiert haben. Das alles dient dazu, das Ausmaß des Verbrechens erfassen zu können“, sagt Christoph Herkströter vom LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte, der die Tagung geleitet hat.
Ideen für zukünftige Gedenkstättenarbeit
Fast 100 Interessierte haben an der Tagung teilgenommen, darunter Vertreterinnen und Vertreter von historischen und wissenschaftlichen Einrichtungen in der Region, aber auch von weiter her. Dabei ging es auch darum, Erfahrungen und Ideen für die zukünftige Gedenkstättenarbeit einzubeziehen, berichtet Herkströter: „Wir haben unter anderem mit Schülerinnen und Schüler über Erwartungen und Wünsche diskutiert; schließlich sind sie eine wichtige Zielgruppe. Sie haben beispielsweise angeregt, dass es in der Gedenkstätte einen Rückzugsort geben könnte, um Eindrücke auszutauschen. Auch gab es den Wunsch der Jugendlichen, sich selbst aktiv an der Erinnerungsarbeit zu beteiligen, zum Beispiel mit einem kurzen Podcast. Das alles sind Ideen, an die wir nun anknüpfen werden.“ Ein wichtiges Thema war auch die Einbeziehung digitaler Medien in die Gedenkstättenarbeit. So soll ein Datenbankprojekt die Lebenswege der Kriegsgefangenen erfassen. Dies könnte Angehörige bei der Recherche des Schicksals ihrer Vorfahren unterstützen, so Herkströter.
Deutlich geworden sei bei der Tagung vor allem das Bedürfnis nach Austausch. „Es gibt, gerade jetzt nach den positiven Signalen zur Finanzierung der Gedenkstätte, ein großes Interesse an der zukünftigen Arbeit“, sagt der Historiker.
aki, wsp