Das fertige Produkt und sein Ursprung: Ein Fahrradreifen aus Löwenzahn. Foto: Kathrin Nolte/WWU
16.11.2021

Reifen aus Löwenzahn

Pusteblume: Münsteraner Forscher waren mit ihrer Idee Naturkautschuk für die Reifenproduktion aus Löwenzahn zu gewinnen, für den Deutschen Zukunftspreis nominiert. Gewonnen haben aber die Impfstofferfinder Biontech.

Die Konkurrenz war einfach zu stark: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Erfinder des Biotech-Impfstoffs gegen das Coronavirus mit dem Deutschen Zukunftspreis 2021 ausgezeichnet. Für das Forscherteam aus Münster, dass aus Löwenzahn Naturkautschuk herstellt, blieb es bei der Nominierung.

Dabei ist ihre Idee so kurios wie relevant: Naturkautschuk ist einer der gefragtesten Rohstoffe der Welt. Er wird für die Herstellung von mehr als 50.000 verschiedenen Produkten benötigt. Allen voran Reifen: Ganz gleich ob Lastwagen, Motorräder, Fahrräder oder Pkw – alle Fahrzeuge benötigen Reifen aus Gummi mit Naturkautschukanteil.

Bisher wurde der Rohstoff dafür fast ausschließlich aus dem Milchsaft des Kautschukbaums in den tropischen Regenwäldern gewonnen. Mit weitreichenden Folgen. Denn für die Plantagen werden große Flächen Regenwald abgeholzt. Mit der Gewinnung von Naturkautschuk aus Russischem Löwenzahn (Taraxacum koksaghyz) ist es den Forschern um Dirk Prüfer, Professor für Molekulare Biotechnologie der Pflanzen am Institut für Biologie und Biotechnologie der Pflanzen an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU), und Dr. Christian Schulze Gronover, Gruppenleiter am Fraunhofer Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME, gelungen, eine nachhaltige Alternative zu finden. Denn der Russische Löwenzahn ist genügsam und gedeiht auch auf nährstoffarmen  Böden, die sonst für die Landwirtschaft kaum geeignet wären.

Besondere Pflanzen gezüchtet

Für die Gewinnung des Rohstoffes wurden besonders kräftige und robuste Löwenzahn-Pflanzen gezüchtet, die einen hohen Anteil an Kautschuk bieten und außerdem Schädlingen und Trockenheit gut bestehen können, heißt es. Das Team entwickelte zudem neue landwirtschaftliche Anbaumethoden und ein spezielles Verfahren, mit dem den Pflanzen der Kautschuk entzogen werden kann. Das Verfahren ließen sich die Nominierten inzwischen patentieren.

So sieht der gewonnene Naturkautschuk aus. Foto: Kathrin Nolte/WWU

So sieht der gewonnene Naturkautschuk aus. Foto: Kathrin Nolte/WWU

Der Reifenhersteller Continental, der ebenfalls an der Forschung beteiligt ist, hat inzwischen einen Fahrradreifen mit einem Laufstreifen aus Löwenzahnkautschuk als Serienprodukt auf den Markt gebracht. Damit habe das Team aus Hannover und Münster gezeigt: Mit Kautschuk aus Russischem Löwenzahn lassen sich auf ökologisch verträgliche Weise Produkte herstellen, die denen mit Kautschuk aus herkömmlicher Fertigung ebenbürtig sind, heißt es zur Nominierung für den Deutschen Zukunftspreis.

Biontech ist ebenfalls nominiert

Die Konkurrenz im Wettbewerb war groß. Neben dem Münsteraner Löwenzahnprojekt und den Impfstofferfindern waren noch Entwickler eines „Quantenzählenden Computertomograph“, der revolutionäre Einblicke in den menschlichen Körper ermöglicht, nominiert. Der Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation würdigte zum 25.Mal Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler, Ingenieurinnen und Ingenieure, die  Lösungen für drängende gesellschaftliche Herausforderungen anbieten. Die Ehrung ist mit 250.000 Euro dotiert.

Weitere Informationen zum Deutschen Zukunftspreis gibt es hier.

wsp

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