Neugierde erwünscht: Einblicke hinter die Kulissen von Deutschlands größtem Freilichtmuseum bietet die Jubliäumsschau. Foto: LWL/Robin Jähne
06.07.2021

Reise durch die Zeit

Vor 50 Jahren eröffnete das LWL-Freilichtmuseum Detmold. Seither haben fast elf Millionen Menschen das größte Freilichtmuseum Deutschlands besucht. Gefeiert wird zum großen „Juhubiläum“ mit besonderen Themenrouten.

Mit 24 historischen Gebäuden öffnete das LWL-Freilichtmuseum Detmold am 7. Juli 1971 seine Pforten. 50 Jahre später veranschaulichen rund 120 Häuser den früheren Alltag in westfälischen und lippischen Dörfern; mehr als 300.000 Exponate zeugen vom ländlichen Leben in den vergangenen fünf Jahrhunderten. Fast elf Millionen Menschen haben das Detmolder Museum, das mit einer Fläche von 90 Hektar das größte Freilichtmuseum Deutschlands ist, seit seiner Eröffnung besucht. Seinen runden Geburtstag feiert es mit der größten Geländeausstellung seiner Geschichte: Unter dem Motto „Juhubiläum“ geht es an 50 Stationen ebenso unterhaltsam wie informativ um die Entwicklung und Arbeit des Museums, um seine Pflanzen und Tiere, um Ausstellungsstücke und Anekdoten.

Bereits in den späten 1920er Jahren hatte es erste Überlegungen zur Gründung eines westfälischen Freilichtmuseums gegeben. Bis zur Konkretisierung dieser Idee sollten aber noch mehr als drei Jahrzehnte vergehen: Am 22. Juli 1960 fällte der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) einen entsprechenden Beschluss, sechs Jahre später erfolgte der Baubeginn mit acht Gebäuden des Osnabrücker Hofes. Stand anfangs nur die Bewahrung verschiedener Haustypen im Vordergrund, so ist die Museumsarbeit im Laufe der Zeit immer vielfältiger geworden. Zum Erhalt der Artenvielfalt werden auf dem ehemaligen Tiergartengelände der Fürsten zur Lippe 200 alte Obstsorten wie der „Westfälische Gülderling“ (regionale Apfelsorte) erforscht und angebaut sowie vom Aussterben bedrohte Tierarten gezüchtet: Von den weltweit 58 Senner Pferden, der ältesten Pferderasse Deutschlands, sind zwölf in Detmold geboren worden!

Drei Themenrouten

Auf drei thematischen Routen führt die „Juhubiläums“-Ausstellung, die komplett im Außenbereich angesiedelt ist, durch das Museumsgelände. Die blaue Route gewährt Einblicke in die Museumsarbeit und stellt die Höhepunkte der Sammlung vor, darunter auch das kleinste Exponat: Nur 8 mal 13 Millimeter misst ein Ohrring, der als Trauerschmuck getragen wurde. Hier lernt man unter anderem, mit welchem geheimen Strichcode die Zimmerleute beim Bau von Fachwerkhäusern gearbeitet haben und wie die Gebäude von ihrem ursprünglichen Standort nach Detmold gebracht werden.

„Pippels Häuschen“ im Sauerländer Dorf. Foto: LWL/Robin Jähne

„Pippels Häuschen“ im Sauerländer Dorf. Foto: LWL/Robin Jähne

Die grüne Route stellt die historische Kulturlandschaft, die Tiere und Pflanzen in den Mittelpunkt. Sie verrät, dass um die 100 Tiere im Freilichtmuseum leben, dass ein Bentheimer Schaf bis zu drei Kilogramm Wolle mit sich trägt und dass die Lippische Palme eine hochstämmige Grünkohlsorte ist, die eine Höhe von bis zu 1,60 Meter erreichen kann.

42.000 Stücke Kuchen

Die orangefarbene Route schließlich richtet das Augenmerk auf das Museumsteam und die Kulturvermittlung. So erfährt man, dass ein einziger Fehlbrand einen Töpfer ruinieren konnte, dass am 17. August 1979 die millionste Museumsbesucherin gezählt wurde und dass in jeder Saison über 42.000 Stücke Streusel-, Obst- und Zuckerkuchen über die Ladentheke der Bäckerei im Paderborner Dorf gehen. „Uns war es wichtig, sowohl das sonst eher geheime Museumswissen mit unseren Gästen zu teilen als auch einige der Menschen vorzustellen, die jeden Tag ihr Herzblut in ihre Arbeit stecken und das Museum zu diesem besonderen Ort machen“, erklärt Ruth Lakenbrink vom LWL-Freilichtmuseum, die gemeinsam mit Janina Wulf die Geburtstagsausstellung konzipiert hat.

Eine der Stationen befindet sich am Haus Stöcker, dem jüngsten Aufbauprojekt des Museums, das Ende Juli eröffnet wird. Das Gebäude von 1797 stammt aus Burgholdinghausen im Kreis Siegen-Wittgenstein und wird künftig im Siegerländer Weiler des LWL-Museums das Wohnen der 1950er und 1960er Jahre zeigen. „Ich freue mich sehr, dass wir mit dem Haus Stöcker die Widersprüchlichkeit jener Zeit verdeutlichen können, als man zwar noch mit Nutztieren unter einem Dach lebte, aber bereits die Nachbarn zum gemeinsamen Fernsehschauen einlud“, sagt der Museumsdirektor Prof. Dr. Jan Carstensen.

Regina Doblies

Das Museum ist von Di. bis So. von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Informationen finden Sie auf der Website des LWL-Freilichtmuseum Detmold.

Dieser Text erschien zuerst in Heft 3/2021 des WESTFALENSPIEGEL.

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