Die Gedenkstätte "Stalag 326" ist zurzeit noch in einer Baracke des früheren Stammlagers untergebracht. Foto: Dokumentationsstätte Stalag 326/OliverNickel
13.12.2023

Ringen um Erinnerungsort

Der Ausbau der Gedenkstätte Stalag 326 droht zu scheitern. Aus einem Streit über Betriebskosten ist eine politische Auseinandersetzung geworden.

Ende September erteilte der Gütersloher Kreistag den Planungen für die Gedenkstätte Stalag 326 in Schloß Holte-Stukenbrock eine Absage. Zur Debatte stand ein jährlicher Zuschuss des Kreises von 400.000 Euro zum Betrieb der Gedenkstätte, die unter Beteiligung von Bund, Land und Landschaftsverband Westfalen-Lippe ausgebaut werden soll. Mit dem „Nein“ der Kreistagsmitglieder hat das bereits weit vorangeschrittene Projekt „Stalag 326“ einen Rückschlag erhalten.

Laut einer Machbarkeitsstudie war vorgesehen, die veraltete und ehrenamtlich betriebene Gedenkstätte zu einem Erinnerungsort mit bundesweiter Strahlkraft auszubauen und für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Derzeit ist das nur sehr eingeschränkt möglich, da sich die Einrichtung ein Gelände mit einer Polizeischule teilt. Bund, Land und LWL hatten zugesagt, insgesamt 60 Millionen Euro in das Projekt einzubringen, um am ehemaligen „Stammlager 326“ auf das Leid der sowjetischen Kriegsgefangenen aufmerksam zu machen, die Zwangsarbeit leisten mussten. 

Enttäuschung über Entscheidung

Politiker aus Bund, Land und Region reagierten enttäuscht auf das „Nein“ des Kreistags, der Förderverein der Gedenkstätte pausierte aus Frust über die Entscheidung vorübergehend mit seiner Arbeit und schloss die Einrichtung. Hubert Erichlandwehr, Bürgermeister von Schloß Holte-Stukenbrock, sprach von einer „historischen Chance“, die verpasst werde. NRW-Landtagspräsident André Kuper betonte, dass ein solches Projekt „von bundesweiter Bedeutung“ nur verwirklicht werden könne, wenn die Region, also der Kreis Gütersloh, dahinter stehe. Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth schaltete sich in den Streit um „Stalag 326“ ein. „Es wäre ein herber Rückschlag für die Erinnerungskultur in unserem Land und ein gefährlicher Präzedenzfall, wenn die Gütersloher CDU mit Unterstützung der AfD die Finanzierung einer wichtigen Gedenkstätte stoppt und damit deren Schließung riskiert“, sagte sie in Reaktion auf die Abstimmung im Gütersloher Kreistag.

Nach dem „Stopp“ für das Leuchtturmprojekt geht es nun darum, Kompromisse zu finden und verhärtete Positionen zusammenzubringen. Ein „virtueller Runder Tisch“ zur Zukunft der Gedenkstätte, initiiert von Kuper und Roth, ist geplant und soll mögliche Lösungen aufzuzeigen. Dabei wird es auch darum gehen, zugesagte Fördergelder für den „Stalag“-Ausbau nicht durch die Verzögerung zu verlieren. Ein erster Termin für das Treffen wurde jedoch verschoben, aktuell würden Gespräche in der Region geführt, heißt es von Landtagssprecher Stephan Malessa. Die Zukunft der Gedenkstätte bleibt ungewiss.

aki, wsp

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