Jonas Leineweber forscht zu Schützenvereinen in Westfalen; Foto: Kirsten Hötger
20.11.2020

Schützenvereine bereichern das Leben im Ort

Im Interview spricht Jonas Leineweber über die Bedeutung der Schützenvereine für die Ortsgemeinschaft und welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf diese Beziehung hat.

Ein Jahr ohne Schützenfeste, Umzüge und Versammlungen – was bedeutet das für die Orte, in denen die Vereine aktiv sind?
Unserer Befragung hat gezeigt, dass auch die Aspekte Heimat, Tradition, Gemeinsinn, lokale Identität und Förderung des Zusammenhalts in der Ortsgemeinschaft für jeweils über 90 Prozent der Umfrage-Teilnehmer prägend für das Schützenwesen sind. Schützenvereine werden als gemeinschaftsstiftend wahrgenommen und sind gerade in ländlichen Regionen enorm wichtig für das soziokulturelle Leben. Hält die Pandemie an und können auch im nächsten und übernächsten Jahr keine Schützenfeste stattfinden, fürchten 83 Prozent der Befragten einen grundsätzlichen Rückgang kultureller Angebote in ihrem Wohnort und 69 Prozent ein Zurückgehen sozialer Aktionen. Das sind deutliche Zahlen.

Sind die Befürchtungen berechtigt?
Schützenvereine sind für viele Ortsgemeinschaften tatsächlich sehr bedeutend. Sie richten nicht nur einmal im Jahr das große Schützenfest aus, bei dem sich die Menschen in den Armen liegen und feiern. Viele Vereine machen über das Jahr verteilt zahlreiche Angebote, die das Leben im Ort bereichern, das können Versammlungen sein oder Kulturveranstaltungen, aber auch Engagement im sozialen Bereich.

Vieles davon funktioniert in Pandemiezeiten nicht.
Genau. Hinzu kommt, dass es eine große Unsicherheit gibt. Wie lange wird die Pandemie anhalten? Normalerweise wären viele Vereine jetzt dabei, ihre Jahreshauptversammlungen zu organisieren. Aber auch das geht nun nicht. Es können also auch keine Entscheidungen für das kommende Jahr getroffen werden. Auch ein Schützenfest lässt sich nicht in wenigen Tagen planen.

Können die Schützen der Pandemie denn trotzdem etwas Positives abgewinnen?
Man hat auf jeden Fall gesehen, dass sie in der Krise ihre Bedeutung für das Gemeinwesen noch einmal gestärkt haben. Die Vereine haben gezeigt, dass sie nicht nur gesellig feiern, sondern auch solidarisch sind. So haben zahlreiche Vereine zu den Terminen, an denen ihre Feste stattgefunden hätten, Schützenfest-Carepakete für zuhause verkauft. Den Erlös aus der Aktion haben sie oft gespendet, zum Beispiel an die Altenheime im Ort, damit diese Schutzmasken und ähnliches kaufen konnten. Die Fokussierung auf das soziale Engagement könnte in Zukunft noch gestärkt werden. Und das wäre nicht nur für die Vereine sondern auch für die Orte positiv.

Interview: Jürgen Bröker, wsp

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