„Wir wollen Impulsgeber sein“
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hat eine neue Sozialstiftung ins Leben gerufen. Was dahinter steckt, erklärt LWL-Direktor Matthias Löb im Interview.
Welche Schwerpunkte will die neue Stiftung setzen?
Jugend- und Behindertenhilfe, psychische Gesundheit, aber auch Impulse für Wissenschaft und Forschung sollen im Mittelpunkt stehen. Damit lehnt sich die Stiftungsarbeit an die Themenfelder des LWL an. Wir wollen dabei über die Aufgaben hinausgehen, zu denen wir gesetzlich verpflichtet sind, und soziale Innovation ermöglichen und Impulsgeber sein. Außerdem möchten wir dabei helfen, diese Projekte öffentlich vorzustellen. Denn die Erfolge sollen ja weitererzählt werden.
Warum wurde die Sozialstiftung gegründet?
Wir haben im LWL bereits eine lange Tradition mit der LWL-Kulturstiftung, mit der wir zum Beispiel große Sonderausstellungen fördern und auch viele wichtige Kulturprojekte in der Region. Diese Erfolgsgeschichte wollen wir jetzt im Sozialbereich fortsetzen.
Das Stiftungskapital stammt aus dem Verkauf der RWE-Aktien?
Ja, wir haben im LWL ausführlich darüber diskutiert, was wir mit den Aktien machen wollen. Ein Viertel der Aktien wurde schließlich verkauft. Drei Viertel hat der LWL behalten. Der Dividenden-Erlös aus den Aktien, die nach wie vor in unserem Besitz sind, fließt nun zur Hälfte in Kulturprojekte und zur anderen Hälfte, über die neue Sozialstiftung, in soziale Anliegen. Im vergangenen Jahr haben die RWE-Aktien des LWL 4,2 Millionen Euro an Dividende gebracht. Das bedeutet, dass wir 2,1 Millionen Euro für kulturelle Zwecke und noch einmal so viel für soziale Zwecke investieren können.
Ein erstes Projekt der Stiftung ist das Recovery College in Gütersloh. Was genau ist dieses College?
Das Recovery College ist im besten Sinne eine Art Volkshochschule für die seelische Gesundheit. Es bietet eine breite und sehr niedrigschwellige Bildung für die gesamte Bevölkerung. Die Kurse reichen von Atemübungen bis hin zu mehrteiligen Seminaren zu bestimmten Erkrankungen oder vermitteln zum Beispiel auch Strategien für eine bessere Resilienz im Alltag. Mit dem Recovery College wollen wir das Thema seelische Gesundheit breiter in die Bevölkerung tragen.
Was ist das Besondere dabei?
Es geht darum, den Gedanken der Prävention in den Vordergrund zu stellen und das Thema psychische Gesundheit zu enttabuisieren. Besonders gut finde ich, dass es im Recovery College keine Unterscheidung gibt, wer ist Profi und wer ist Laie, wer ist krank, wer ist gesund. Die einzige Unterscheidung wird gemacht zwischen Lehrenden und Lernenden. Die Lernende kann dabei auch die Professorin für Psychiatrie sein, der Lehrende ist vielleicht jemand, der über seine Burnout-Erfahrungen erzählt.
Bleibt es ein lokales Projekt?
Wenn das Modell erfolgreich ist, werden wir es auch auf andere Regionen übertragen. Wir wollen zeigen, dass Prävention funktioniert. Das ist übrigens auch volkswirtschaftlich enorm wichtig. Psychische Erkrankungen sind inzwischen eine der Hauptursachen für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Berufsleben. Es lohnt sich also auch wirtschaftlich im Vorfeld einer Erkrankung zu investieren.
Welche Themen liegen Ihnen mit der Stiftung besonders am Herzen?
Mir persönlich ist das Thema Ehrenamt sehr wichtig. Hier gibt es ein großes Potenzial. Aus Erfahrung weiß ich, dass es viele gute Ideen gibt. Die Initiatoren brauchen aber Unterstützung, wenn ihnen vielleicht finanziell ein wenig die Puste ausgeht. Oder wir stehen denen einfach beratend zur Seite. Das sind Stellen, an denen man oft mit vergleichsweise kleiner Unterstützung viel bewirken kann.
Wie ist die Nachfrage bisher?
Aus vielen persönlichen Gesprächen weiß ich, dass schon ein großes Interesse an der Sozialstiftung vorhanden ist. Vor Ort gibt es zahlreiche gerade kleinere Projekte im Sozialbereich, die nicht realisiert werden können, weil vielleicht 5.000 oder 10.000 Euro fehlen. Da können wir zukünftig sicher helfen. Ich mache mir keine Sorgen, dass wir zu wenig Anträge bekommen. Eher im Gegenteil.
Das Interview führten Annette Kiehl und Jürgen Bröker/wsp
Anträge können fortlaufend gestellt werden und erreichen die LWL-Sozialstiftung über die Geschäftsführung. Die Anschrift lautet:
LWL-Sozialstiftung gGmbH
Geschäftsführung
An den Speichern 6
48157 Münster
Die Antragsunterlagen und Förderrichtlinien erhalten Sie unter: antrag@lwl-sozialstiftung.de