Prof. Liane Buchholz, Präsidentin des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe, stellte in Münster die Jahresbilanz 2023 vor. Foto: SVWL
20.02.2024

Sparkassen-Präsidentin fordert „Agenda 2030“

In unsicheren Zeiten haben Unternehmen wie auch Privatleute weniger investiert, zeigt die Jahresbilanz 2023 der Sparkassen in Westfalen-Lippe.

Das Neugeschäft der westfälisch-lippischen Sparkassen bei Krediten ging im Vergleich zum Vorjahr um 31 Prozent auf 16,2 Milliarden Euro zurück. Der betraf sowohl die Darlehenszusagen bei Firmenkunden, die um 29,4 Prozent auf 9,6 Milliarden Euro sanken als auch private Kunden, denen knapp 39 Prozent weniger Darlehen zugesagt wurden.

„Die Unternehmen halten sich wegen der insgesamt unsicheren Rahmenbedingungen mit Investitionen zurück – dazu kommen der schwächelnde private Konsum, ein rückläufiges Auslandsgeschäft und hohe Energiepreise“, erklärte Professorin Liane Buchholz, Präsidentin des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe (SVWL). Dabei seien Investitionen auf dem Weg zur Klima-Neutralität und Digitalisierung dringend notwendig, mahnte sie. Buchholz forderte bei der Vorstellung der Jahresbilanz – in Anlehnung an das Reformprojekt „Agenda 2020“ – eine „Agenda 2030“ für Deutschland. Dazu zähle unter anderem ein „fundierter Fahrplan für die Transformation, aber auch eine ausgewogene Steuerlast und hervorragend ausgebildete Fachkräfte“. 

Weniger Wohnungsbaudarlehen

Im Privatkundenbereich hatte vor allem der lahmende Wohnungsbau einen großen Anteil am sinkenden Kreditneugeschäft. Die Darlehenszusagen in diesem Bereich gingen 2023 in der Region um rund 41 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro zurück. Hohe Baupreise, gestiegene Kreditzinsen und gesunkene Realeinkommen zeigten ihre Auswirkungen. SVWL-Vizepräsident Jürgen Wannhoff warnte angesichts dessen vor den Konsequenzen: Der Neubau stocke massiv und immer mehr Wohnungen fielen aus der Sozialbindung heraus. Verlässliche Förderprogramm und staatliche Unterstützungen für den Wohnungsbau seien notwendig.

SVWL-Vizepräsident Jürgen Wannhoff. Foto: SVWL

SVWL-Vizepräsident Jürgen Wannhoff. Foto: SVWL

2023 konnten die Sparkassen in Westfalen-Lippe ihren Zinsüberschuss um 580 Millionen Euro bzw. 24,3 Prozent Euro auf rund drei Milliarden Euro steigern. Grund für das satte Plus waren die Leitzinsanhebungen der Europäischen Zentralbank. Das Betriebsergebnis vor Bewertung stieg von 0,85 Prozent auf 1,17 Prozent der Deutschschnittlichen Bilanzsumme das entspricht rund 1,9 Milliarden Euro. „Die Gewinnlage bietet uns die Möglichkeit, nun Kraft zu tanken und genau die Resilienz aufzubauen, die wir benötigen, um uns für die anstehenden Herausforderungen zu wappnen.“

Fusionen im Münsterland und OWL

Diesen Herausforderungen begegneten die Sparkassen im vergangenen Jahr zunehmend durch Fusionen. 47 Institute gab es Ende 2023 in der Region; ein Jahr zuvor waren es noch 52. Und weitere Fusionen sind bereits geplant. Zum 1. April 2024 wollen die Kreissparkasse Halle (Westf.) und die Kreissparkasse Wiedenbrück zusammengehen. Die Sparkasse Beckum-Wadersloh und die Sparkasse Münsterland-Ost verhandeln zurzeit über einen Zusammenschluss. Wenn diese Gespräche erfolgreich sind, soll die Fusion rückwirkend zum Jahresbeginn 2024 erfolgen. Medienberichten zufolge konkurrierten die Sparkasse Münsterland Ost und die Sparkasse Westmünsterland um die Kreissparkasse Steinfurt. Nun kündigten die Steinfurter „ergebnisoffene Gespräche“ für einen Zusammenschluss mit der Sparkasse Westmünsterland an. Kommt es zu einer Einigung könnte die größte Sparkasse in Westfalen-Lippe entstehen. Buchholz hielt sich mit Kommentaren zu den Fusionsplänen zurück, machte jedoch ihre Haltung deutlich: Das Thema Regulatorik und der Kampf um Talente stellten kleinere Institute vor enorme Herausforderungen, sagte sie. „Eine Fusion kann dann eine Lösung sein.“

1052 Geschäftsstellen umfasste das Netz der Sparkassen Ende 2023 in Westfalen-Lippe, rund 50 weniger als ein Jahr zuvor. Die Zahl soll in Zukunft stabil bleiben, so SVWL-Vizepräsident Wannhoff. Er betonte den Fokus auf Beratung in den Filialen: „Das sind keine reinen Service-Punkte“. Erfreulich sei die Entwicklung bei den Bankautomaten. Sicherungsmaßnahmen, wie Färbesysteme oder Stahlbetonvorrichtungen, hätten ihre Wirkung gezeigt. Die Zahl der Sprengungen sei deutlich zurückgegangen.

aki, wsp

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