
Spuren des Kolonialismus
Die Ausstellung „Das ist kolonial. Westfalens (un)sichtbares Erbe“ widmet sich im LWL-Museum Zeche Zollern in Dortmund der Geschichte, den Spuren und Folgen des Kolonialismus.
Mit der Besetzung von Gebieten in Afrika, China und der Südsee eignete sich das Deutsche Reich ab 1884 den Zugang zu Rohstoffen an und zwang Menschen zur Arbeit in den Kolonien. Auch in Westfalen war der Kolonialismus damals allgegenwärtig: Als Missionsangehörige, Farmer und Farmersfrauen oder Soldaten zogen Menschen in die Kolonien. Unternehmer und Industrielle trieben die deutsche Kolonialpolitik voran, Kaufleute handelten mit Waren wie Kaffee und Tee. Bürgerinnen und Bürger engagierten sich in Kolonial- und Missionsvereinen, gingen zu sogenannten Völkerschauen, spendeten für Denkmäler oder benannten Straßen nach kolonialen Akteuren.

Der Bau der Otavibahn war einer der Auslöser für den Krieg 1904 in Deutsch-Südwestafrika, der im Völkermord an den Herero und Nama endete. Den Auftrag zum Bau erhielt die Firma Arthur Koppel. Auch Beschäftigte des Dortmunder Werks von „Orenstein & Koppel“ waren am Bau beteiligt. Repro: LWL
Die Dortmunder Ausstellung beleuchtet das koloniale Erbe der Region in vier Themenbereichen: wirtschaftliche Verflechtungen, Menschen aus Westfalen, die in den Kolonien agierten, Kolonialismus im Alltag sowie Widerstand, Kolonialkriege und Erinnerungskultur. Sie zeigt, wie der Kolonialismus nicht nur das Leben im 19. und 20. Jahrhundert prägte, sondern stellt auch die Frage, wie Stereotype von damals nachwirken. „Berichte, Bilder und das Gedankengut, das Deutsche aus den Kolonien zurück nach Hause trugen, bestimmen bis heute unsere Vorstellungen von Menschen im Globalen Süden“, sagt Kuratorin Dr. Barbara Frey.
„POWR! (Post)koloniales Westfalen-Lippe“
Die Ausstellung ist das zentrale Projekt im Themenjahr „POWR! (Post)koloniales Westfalen-Lippe“ der LWL-Kulturstiftung. Teil der Ausstellungskonzeption war im vergangenen Jahr eine Mitmachwerkstatt im LWL-Museum Zeche Zollern. Dabei sollten ausdrücklich auch Stimmen von Minderheiten mit einbezogen werden. So war die Werkstatt wöchentlich vier Stunden als sogenannter Safer Space für schwarze Menschen und People of Colour reserviert. Rechtspopulisten sahen darin einen „Rassismus gegen Weiße“; die AfD startete eine Kampagne gegen das Museum. Die LWL-Einrichtung erfuhr in dieser Zeit aber auch große Solidarität, unter anderem vom Deutschen Kulturrat und dem Museumsverband NRW. Von „Pionierarbeit“ ist die Rede. „Unser gemeinsames Ziel ist es, die Spuren des Kolonialismus und seine Folgen für unsere heutige Gesellschaft in der Region aufzuzeigen und dieses bisher wenig beachtete Thema aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten“, sagt der Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Dr. Georg Lunemann, bei der Vorstellung der Schau.

Dr. Anne Kugler-Mühlhofer, Dr. Georg Lunemann, und Zola Wiegand M’Pembele an der Medienstation im Zentrum der Ausstellung „Das ist kolonial“ im LWL-Museum Zeche Zollern in Dortmund. Besucherinnen und Besucher können über eine digitale Karte 90 Orte mit kolonialen Bezügen in Westfalen abrufen. Foto: LWL / Julia Gehrmann
Die Ausstellung (14. Juni bis Oktober 2025) bietet im LWL-Museum Zeche Zollern interaktive Stationen, die aufzeigen, welche Orte in Westfalen koloniale Bezüge haben. 50 Kurzbiografien machen ebenfalls die Verflechtungen zwischen der Region und den kolonialen Welten anschaulich. Außerdem begleiten verschiedene Führungen, Workshops und Lesungen die Schau. Weitere Informationen hier.
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