Die Baustelle am Rathauszentrum in Rheine. Hier sind die Kosten explodiert. Foto: Jens Ammann/BdSt
20.10.2022

Steuergeldverschwendung in Westfalen

Ein Rathausneubau, bei dem die Kosten aus dem Ruder laufen, eckige statt runde Fahrplanmasten und verdreifachte Kosten für einen Wertstoffhof – auch Westfalen ist im Schwarzbuch zur Steuergeldverschwendung vertreten. 

In Gelsenkirchen wird der Betriebsstandort des Wertstoffhofes seit diesem Sommer umgebaut. Die Maßnahme beinhaltet den Neubau eines Gebäudes mit Fahrzeughallen sowie Sanitär- und Sozialräumen. In der ursprünglichen Planung habe die Stadt mit rund 5,2 Millionen Euro Kosten gerechnet, so der Bund der Steuerzahler Deutschland (BdSt). Doch inzwischen sei klar, die Maßnahme verschlingt mindestens 17,5 Millionen Euro.

Wie sich die Stadt so verrechnen konnte? Natürlich sind die gestiegenen Bau- und Materialkosten dabei ein wichtiges Thema. Doch weil in der ersten Planungsphase einige erforderliche Sanierungsmaßnahmen nicht berücksichtigt wurden  – unter anderem eine neue Heizungsanlage und die Änderung der Aus- und Einfahrtsregelungen – stiegen die Kosten allein um 3,6 Millionen Euro, so der BdSt. Ganze Gewerke bei der Planung zu „vergessen“, kommt den Steuerzahlern teuer zu stehen, heißt es weiter. Der BdSt rechnet damit, dass die Gebühren für Abfall, Straßenreinigung und Winterdienst in der Stadt wegen der höheren Kosten steigen werden.

Fälle in Rheine und Paderborn/Höxter

Auch beim Neubau des Rathauszentrums in Rheine wachsen die Kosten immer weiter in den Himmel. Ursprünglich wurde in einer Bauausschusssitzung vom März 2018 mit Gesamtkosten von rund 24 Millionen Euro gerechnet, aber in einer Ratsvorlage im März 2020 sei schon von insgesamt rund 44,5 Millionen Euro die Rede, erklärt der Steuerzahlerbund im aktuellen, 50. Schwarzbuch seiner Geschichte. Doch das ist noch nicht das Ende: Inzwischen summieren sich die Kosten bereits auf rund 81 Millionen Euro. Besonders ärgerlich findet der BdSt, dass die Stadt sich nicht in der Lage sieht, eine realistische Bewertung, ob es noch weitere Kostensteigerungen geben wird, abzugeben. Gebaut werden soll trotzdem.

Bei der Planung der Baumaßnahmen für den neuen Wertstoffhof in Gelsenkirchen wurden ganze Gewerke vergessen. Foto: BdSt

Bei der Planung der Baumaßnahmen für den neuen Wertstoffhof in Gelsenkirchen wurden ganze Gewerke vergessen. Foto: BdSt

Beim dritten Beispiel wird es kurios: 2013 hatte der Nahverkehrsverbund Paderborn Höxter (nph) eckige Fahrplanmasten in den Kreisen Paderborn und Höxter errichten lassen. „Straßen.nrw war das zunächst nicht aufgefallen und beanstandete daher diese Masten erst im Dezember 2020. Der Grund: Nach einer Vorschrift müssen es runde Masten sein, denn diese sind so konstruiert, dass sie bei einer Kollision mit einem Auto abknicken können; eckige Masten könnten das nicht“, heißt es. Nun müssen die eckigen Pfosten raus, und runde Pfosten müssen rein. Glücklicherweise müssen dabei nicht auch noch die Fundamente für alle 800 Masten erneuert werden. Der ärgerliche Fehler kostet den Steuerzahler aber auch so rund 220.000 Euro.

jüb/wsp

Lesen Sie auch im Bereich "Politik / Wirtschaft"

Testen Sie den WESTFALENSPIEGEL

Ihnen gefällt, was Sie hier lesen? Dann überzeugen Sie sich von unserem Magazin