Eine Studie zeigt: Unter Schlachthof-Bedingungen kann sich das Coronavirus deutlich weiter verbreiten als bisher angenommen. Foto: pixabay
24.07.2020

Studie zum Corona-Ausbruch bei Tönnies

Eine Studie zu den Corona-Fällen im Tönnies-Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück zeigt: Das Virus kann sich unter Schlachthof-Bedingungen im Umkreis von mehreren Metern verbreiten.

Die Studie, die jetzt veröffentlicht wurde, verdeutlicht, dass das Virus bei Tönnies von einem einzigen Mitarbeiter ausging und auf mehrere Personen in einem Umkreis von mehr als acht Metern übertragen wurde. Das ist deutlich mehr als bisher angenommen wurde. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Bedingungen des Zerlegebetriebs – also die niedrige Temperatur, eine geringe Frischluftzufuhr und eine konstante Luftumwälzung durch die Klimaanlage in der Halle, zusammen mit anstrengender körperlicher Arbeit – die Aerosolübertragung von SARS-CoV-2-Partikeln über größere Entfernungen hinweg förderten“, sagt Professor Adam Grundhoff, Mitautor der Studie Mitautor der Studie und Forschungsgruppenleiter am Heinrich-Pette-Institut, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie (HPI).

Demnach fand die hauptsächliche Übertragung im Zerlegebereich für Rinderviertel von Tönnies statt, in dem die Luft umgewälzt und auf zehn Grad Celsius gekühlt wird. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Faktoren generell eine entscheidende Rolle bei den weltweit auftretenden Ausbrüchen in Fleisch- oder Fischverarbeitungsbetrieben spielen. Unter diesen Bedingungen ist ein Abstand von 1,5 bis 3 Metern alleine ganz offenbar nicht ausreichend, um eine Übertragung zu verhindern“, sagt Grundhoff. Die Wohnsituation der Arbeiter während der untersuchten Phase des Ausbruchs habe dagegen keine wesentliche Rolle gespielt, heißt es weiter.

Übertragbarkeit auf andere Lebensbereiche

„Unsere Studie beleuchtet SARS-CoV-2-Infektionen in einem Arbeitsbereich, in dem verschiedene Faktoren aufeinandertreffen, die eine Übertragung über relativ weite Distanzen ermöglichen. Es stellt sich nun die wichtige Frage, unter welchen Bedingungen Übertragungsereignisse über größere Entfernungen in anderen Lebensbereichen möglich sind“, so Melanie Brinkmann, Professorin am ebenfalls an der Studie beteiligten Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI).

Die Ergebnisse der Studie sind zunächst auf der Preprint-Plattform SSRN erschienen. Eine Publikation in einem Fachjournal folgt.

Im Tönnies-Werk in Rheda-Wiedenbrück, Deutschlands größter Fleischfabrik, hatten sich mehr als 2000 Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert. Wochenlang war der Betrieb geschlossen worden. Als Folge der hohen Infektionszahlen musste im Kreis Gütersloh ein Lockdown verhängt werden.

wsp

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