10.11.2011

Szene Westfalen: Michael Gantenberg ist der Kopf hinter der ARD-Serie „Henker & Richter“

Soest (wh). Als WDR-Moderator wurde Michael Gantenberg in den 1990er Jahren bekannt, heute zählt er zu Deutschlands erfolgreichsten Drehbuchautoren. Komische Stoffe sind sein Spezialgebiet, so stammen Sitcoms wie "Ritas Welt" und "Alles Atze" aus seiner Feder. Gerade ist die "Crime & Smile"-Serie "Henker & Richter" in der ARD gestartet " und die Ideen für die skurrilen Geschichten aus Westfalens kleinstem Amtsgericht fand ihr Chefautor vor der eigenen Haustür in Soest. Zwischendurch schreibt Gantenberg Romane. Seine Säugetierkomödie "Urlaub mit Esel" wird 2012 für das Kino verfilmt.

Herr Gantenberg, Humor gehört zu ihrem Arbeitsalltag, sind Sie privat auch ein komischer Mensch?
Michael Gantenberg: Ein fröhlicher, ja. Man muss schon eine gewisse Liebe zur Komik haben. Ich kenne jedenfalls keinen Menschen, der lustige Dinge tut, aber eigentlich schwerst depressiv unterwegs ist. Aber ich bin nicht berufslustig, sondern es gibt auch Tageseinheiten, wo ich sehr ernst bin und das muss man auch sein. Es gibt nichts Ernsteres als Comedy " man setzt sich damit einer großen Kritik aus. Bei einer Comedy wissen alle Menschen sofort, ob sie gut ist oder nicht. In dem Moment, wo man lacht, ist die Comedy gut, in dem Moment, wo man nicht lacht, ist sie schlecht – denkt zumindest der normale Betrachter.

In Ihren Romanen und Drehbüchern schreiben Sie über die komischen Seiten der Provinz. Ist das eine Nische?
Es war eine Nische und kritisch betrachtet sogar eine große. Da haben sich mittlerweile einige drauf gestürzt, aber bei mir ist es nicht nur Nische, sondern eine echte Liebe, denn ich liebe die Provinz. Ich habe so viel Großstadterfahrung hinter mir, dass ich jetzt mit Fug und Recht sagen kann: Ich lebe gern in der Provinz. Ich finde es toll da.

Sie sind in Bochum geboren, was hat Sie denn nach Soest verschlagen?
Es ist immer das gleiche Prinzip: Cherche la femme. Und bei mir war es eben auch meine Frau, die mich nach Soest gelockt hat. Dafür bin ich ihr zutiefst dankbar, denn dort ist es wunderschön.

Und es hat Ihnen gleich gefallen?
Das zu behaupten, wäre ein wenig viel Folklore. Ich habe mich mit Händen und Füßen gewehrt, weil ich es mir nicht vorstellen konnte, dort zu leben. Es ist völlig anders als Bochum und ich dachte, ich brauche unbedingt das Kino um die Ecke und das große Theater. Aber wenn man sich ehrlich einmal fragt, wie oft man bei einem zur Verfügung stehenden Theaterangebot dann auch davon Gebrauch macht, ist das ungefähr genauso häufig, wie bei mir in Soest.

Dort sind auch die Ideen für die Serie "Henker und Richter" entstanden.
Einer meiner Doppelkopf-Freunde ist Richter am Amtsgericht. Er hat mir sehr viel erzählt über die Praktiken dort. Er ist auch der juristische Berater der Serie geworden. Insofern fließt da viel von dem ein, was ich in meinem näheren Umfeld erlebt oder gehört habe.

Was ist denn so lustig am Leben in der Provinz? Gerade die Westfalen gelten nicht als sehr humorvoll…
Ja, aber ich glaube, die Komik entsteht aus den Charakteren. Und die sind hier wirklich sehr eins zu eins. Das Prinzip des Verstellens ist dem Westfalen sehr fremd. Also entweder ist er völlig stur oder gnadenlos offen, dazwischen gibt es kaum Grautöne. Und wenn man da etwas genauer hinguckt, ist das fast schon zwingend komisch.

Viele Ihrer Kollegen aus der Kreativbranche zieht es nach Berlin " was hält Sie denn in Westfalen?
Mein Vorteil ist: Ich bin oft zu Hause in meinem Büro, aber auch oft unterwegs in Berlin, München oder Köln. Ich weiß daher, wie die großen Städte ticken und es ist dann sehr prickelnd, schön und charmant, abends auch wieder nach Hause zu fahren. Ich weiß, wie schön es ist, in der Idylle zu leben.

Sie schreiben nicht nur Komisches, sondern auch Krimis.
Ich habe in der Vergangenheit sehr viele Sitcoms geschrieben, wie "Ritas Welt", "Nikola", "Mein Leben und ich" oder "Alles Atze". Aber dann habe ich gemerkt, dass man nicht sein Leben lang komisch sein muss. Sondern dass es auch andere Dinge gibt. Und seit einiger Zeit schreibe ich für die ARD und das ZDF Krimis. Ich habe viele Fälle für die "Unter Verdacht"-Reihe mit Senta Berger geschrieben und gerade meinen ersten Tatort.

Sie schreiben aber nicht den Dortmund-Tatort?
Nein. Leider, leider nicht. Ich würde ihn sehr, sehr gerne schreiben, aber die ersten Fälle sind schon verteilt und in fester Feder. Ich bin trotzdem fest überzeugt, dass in der gesamten Tatort-Landschaft der Dortmund-Tatort wirklich fehlte und gut funktionieren wird.

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