Das Marler Rathaus ist zurzeit eine Baustelle. Foto: Stadt Marl / M. Mucha
09.03.2023

Teure Türme

Die Steigerung der Baukosten trifft auch große öffentliche Bauprojekte. Die Sanierung des Marler Rathauses wird mit aktuell prognostizierten Kosten von etwa 100 Millionen Euro knapp ein Drittel teurer als ursprünglich berechnet. Die Folgen des Ukrainekrieges und die hohe Inflation hätten zu einer nochmaligen Steigerung der Baukosten am Rathaus geführt, heißt es von der Stadt Marl. Außerdem seien im Zuge der Arbeiten neue Schadstoffe in den Gebäuden gefunden worden.

Die energetische und denkmalgerechte Sanierung des Rathauses ist ein großes und seit langem geplantes Projekt. In den 1960er Jahren wurde es von den niederländischen Architekten Johannes Hendrik van den Broek und Jacob Bernd Bakema als „Symbol demokratischer Baukultur“ geplant. Das Gebäude mit den zwei Bürotürmen gilt als ein herausragendes Beispiel für die Architektur der Ruhrmoderne. Seit 2015 steht es unter Denkmalschutz. Gleichzeitig gilt das Gebäude als hochgradig sanierungsbedürftig. Bereits 14 Jahre nach der Fertigstellung traten erste Schäden an den Türmen auf. Nun sind die Fenster undicht, der Beton bröckelt und die Wärmedämmung fehlt weitgehend. Die Türme müssen vollkommen entkernt werden. Im Zuge der im Herbst 2020 gestarteten Bauarbeiten wurden zudem neue Schadstoffe gefunden, deren Entfernung die Sanierung weiter verzögern wird. 

Historische Aufnahme des Rathausbaus in den 1960er Jahren. Foto: Stadt Marl

Historische Aufnahme des Rathausbaus in den 1960er Jahren. Foto: Stadt Marl

Die Stadt rechnet jetzt mit Kosten von 100 Millionen Euro für die Sanierung – eingeplant waren 2018 rund 70 Millionen Euro. Ob weitere Steigerungen hinzukommen sei nicht klar, sagte die Marler Baudezernentin Andrea Baudek. „Wir rechnen Spitz auf Knopf. Aber eine Entwicklung, wie wir sie gerade erleben, kann niemand verlässlich vorhersagen“. Mit diesen Nachrichten steht die Stadt Marl nicht allein dar. So stellte sich bereits Mitte vergangenen Jahres heraus, dass das geplante „Haus des Wissens“ in Bochum, das unter anderem Volkshochschule und Stadtbücherei unter einem Dach vereinen soll, nun mehr als 150 Millionen Euro kosten soll – mehr als doppelt so viel, wie ursprünglich geplant. Die Industrie- und Handelskammer in Bochum stoppte Mitte 2022 sogar die Planungen für eine neue Zentrale. Die finanziellen Risiken durch Baukostensteigerungen schienen zu groß.

Plus von mehr als 40 Prozent

In Dortmund wurde jetzt bekannt, dass sechs geplante Neubauten von Kindertagesstätten voraussichtlich 86,8 Millionen Euro kosten werden – statt der ursprünglich veranschlagten 50,3 Millionen Euro. Als Gründe für die deutliche Steigerung der Baukosten gibt die Stadt Dortmund die Auswirkungen des Ukrainekriegs sowie gestiegene Energiekosten an. Immerhin: die sechs Kitas sollen klimaneutral betrieben werden, so dass der Energieverbrauch minimal sein werde. Am 23. März entscheidet der Rat der Stadt Dortmund über die Pläne.

In Marl kann zurzeit beobachtet werden, was passiert, wenn das Stadtrat sein Veto einlegt. Aufgrund von Kostensteigerungen von rund sieben Millionen Euro verweigerten die Politiker dort ihre Zustimmung zum Kostenplan für den Bau des Kulturzentrums „Marschall 66“. Damit ist auch die Zukunft des Skulpturenmuseums Glaskasten ungewiss. Die Einrichtung, viele Jahre lang im Marler Rathaus angesiedelt, musste 2021 wegen der Bauarbeiten sein dortiges Quartier verlassen. Zurzeit hat es lediglich einen provisorischen Standort in einer Schule.

 

wsp, aki

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