Auf der Bühne mit Gesichtsvisier: Probenszene aus der Inszenierung "Momentum" am Wolfgang Borchert Theater in Münster. Foto: Frederik Iven
22.05.2020

Theater auf Abstand

Theater in NRW dürfen am 30. Mai wieder öffnen und für ihr Publikum spielen. Allerdings nur unter großen Einschränkungen. Viele Bühnen in Westfalen gehen kreativ mit der Herausforderung um, zeigt eine Umfrage von westfalenspiegel.de.

Ein Einstieg in den normalen Spielplan ist angesichts von Abstandsregelungen nicht möglich. Denn diese Einschränkungen gelten nicht nur für den Zuschauerraum, sondern auch für die Arbeit von Schauspielern, Sängern und Musikern sowie für Theatermitarbeiter, die hinter den Kulissen tätig sind.

Lediglich 100 statt wie gewöhnlich 820 Zuschauer darf das Schauspielhaus Bochum gemäß den neuen Abstandsregelungen einlassen. Auf die Bühne gehen will das Ensemble um Intendant Johan Simons aber unbedingt, sagt Kommunikationschef Stefan Kriegl deutlich: „Es geht uns um eine freundschaftliche Geste gegenüber unserem Publikum. Wir wollen ein Live-Erlebnis bieten.“

Kein Normalbetrieb

Gleichzeitig ist klar, dass es keinen Normal-Betrieb geben wird. Bedingt durch die Abstands- und Hygienevorgaben werden Umbauten auf und hinter der Bühne deutlich zeitaufwendiger. Daher sei vorerst kein eng getakteter Spielplan möglich. Das Schauspielhaus plant eine Inszenierung von Elias Canettis „Die Befristeten“ sowie ein bis zwei weitere Produktionen. Im Mittelpunkt auch dort: Die aktuelle Krise.

„Für uns soll’s wieder Rosen regnen“ – unter dieses Motto stellt der Mondpalast in Wanne-Eickel den Neustart seines Spielbetriebs. Prinzipal Christian Stratmann geht persönlich ab dem 5. Juni an zunächst zehn Abenden auf die Bühne und unterhält sich und das Publikum mit Überraschungsgästen. Für das Volkstheater sei die Corona-Krise besonders bitter, sagt Sprecherin Susanne Schübel: „Auf unserem Spielplan stehen Komödien, wir sind bekannt für Inszenierungen mit viel Aktion und zahlreichen Darstellern. Dies ist bei Einhaltung von Abstandsregeln überhaupt nicht möglich.“ Daher wird auf der Mondpalast-Bühne nun getalkt statt gespielt. Klar ist dabei aber, dass dies nur vorübergehend funktionieren kann. „Wenn diese Situation noch im Herbst anhält, ist die Existenz des Theaters bedroht“, sagt Schübel.

"Mondpalast"-Prinzipal Christian Stratmann will wieder auf die Bühne gegen – trotz der Abstandsregeln und Einschränkungen. Foto: Dieter Pfennigwerth/Mondpalast

„Mondpalast“-Prinzipal Christian Stratmann will wieder auf die Bühne gehen – trotz der Abstandsregeln und Einschränkungen. Foto: Dieter Pfennigwerth/Mondpalast

In zahlreichen weiteren Theatern in Westfalen wird in diesen Tagen ebenfalls an Ideen für den Neustart nach der Corona-Pause gearbeitet. Das Theater Dortmund kündigt, noch vage, „neue, mobile Vorstellungsformate“ an, das Theater Münster plant „Kleinformate“ mit Beiträgen aus Schauspiel, Tanz, Musiktheater und Konzert. Unter dem Motto „Bühne raus“ veranstaltet das Westfälische Landestheater vom 5. bis 7. Juni ein Freilichtwochenende mit Stücken für Erwachsene und Kinder auf einem Parkplatz. Im Wolfgang Borchert Theater in Münster werden die herrschenden Schutzmaßnahmen zum Teil des Stücks „Momentum“, das am 4. Juni Premiere feiert. Der Lockdown brachte im März den Probenprozess zum Stillstand, nun setzt Regisseurin Tanja Weidner diese Erfahrung und die neuen Abstandsregeln in der Inszenierung um. Die Schauspieler, so zeigen Aufnahmen aus den Proben, gehen nun mit Gesichtsvisier auf die Bühne.
wsp

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