„Tief betroffen und fassungslos“
In Ibbenbüren haben Unbekannte den Anne-Frank-Baum abgesägt. Es herrscht große Bestürzung, der Staatsschutz ermittelt.
„Eine abscheuliche Tat, die uns tief betroffen und fassungslos macht. Eine Tat, die an Menschenverachtung und Geschichtsvergessenheit kaum zu überbieten ist“ – mit diesen Worten reagierte Ibbenbürens Bürgermeister Dr. Marc Schrameyer auf die Ereignisse vom Wochenende. Am Sonntagmorgen war ein Mitarbeiter der Stadt auf den abgesägten Baum aufmerksam geworden.
Vermutet wird ein antisemitischer Hintergrund, denn der Baum im Garten des Stadtmuseums hat eine besondere Geschichte. Es ist ein Ableger der weißen Rosskastanie, die Anne Frank von einem Fenster im Hinterhaus in Amsterdam sehen konnte, in dem sie sich mit ihrer Familie von 1942 bis 1944 vor deutschen Truppen versteckte. Der Baum wird auch einige Male in Anne Franks Tagebuch erwähnt. Dieser Hintergrund wird auch auf einer Tafel an einer Steele erwähnt, die ebenfalls am Ibbenbürener Stadtmuseum steht.
Im Frühjahr 2022 wurde der Baum in Ibbenbüren gepflanzt. Anneke Raven, die damalige Bürgermeisterin der niederländischen Partnerstadt Hellendoorn, hatte die Rosskastanie als Geschenk mitgebracht. Dieses war umso wertvoller, da die Original-Rosskastanie in Amsterdam morsch war und nach langen Rettungsbemühungen im August 2010 in einem Sturm entzwei brach. Der Baum sei daher nicht zu ersetzen, so Schrameyer.
In Ibbenbüren herrsche große Bestürzung über die Tat, berichtet eine Stadtsprecherin. Bürgerinnen und Bürger haben Kerzen vor dem Baumstumpf aufgestellt, Gärtner haben angeboten zu untersuchen, ob die Rosskastanie noch zu retten ist. Am heutigen Montagabend findet eine Mahnwache vor dem Stadtmuseum statt. Außerdem hat die Stadt 1000 Euro als Belohnung für Hinweise ausgesetzt, die zur Ergreifung des Täters führen. Neben der Polizei ermittelt auch der Staatsschutz. „Gegen solch menschenverachtende Taten gehen wir mit aller Entschlossenheit vor“, sagt Oberbürgermeister Schrameyer.
aki, wsp