Trübe Stimmung
Industrie, Handel und Handwerk in der Region schlagen angesichts der aktuellen Herausforderungen Alarm. Die Stimmung in der westfälischen Wirtschaft ist getrübt.
So ist der IHK-Konjunkturklimaindex in Südwestfalen von 106 auf 81 Punkte eingebrochen. Auch im Kammerbezirk Nord Westfalen ist der Konjunkturklimaindikator, der die derzeitige Geschäftslage und die Zukunftserwartungen der Unternehmen in einem Wert zusammenfasst, „massiv eingebrochen“, sagt Hauptgeschäftsführer Fritz Jaeckel. Der Index fiel von 112 auf 91 Punkte und liegt damit deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt (113 Punkte).
Sorgen bereiten den Unternehmen aus den drei Kammerbezirken Arnsberg, Hagen und Siegen vor allem fünf Risikofaktoren, heißt es in einem Bericht der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK): eine sinkende Inlandsnachfrage, im internationalen Vergleich drastisch höhere Energie- und Rohstoffpreise, der in Teilen gravierende Fach- und Arbeitskräftemangel, steigende Arbeitskosten und schwierige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, insbesondere die überbordende Bürokratie.
Existenzsorgen wachsen
Die konjunkturelle Lage sei äußerst ernst. Einen ähnlich drastischen Rückgang habe es zuletzt nach Ausbruch der Coronakrise und nach dem Beginn des Ukrainekriegs gegeben, so die SIHK. Der Abschwung der südwestfälischen Wirtschaft, sowohl bei der Lage als auch den Erwartungen, habe strukturelle Ursachen. Immer mehr Unternehmen seien in ihrer Existenz gefährdet. Ein Ergebnis: Nur noch 21 Prozent der Unternehmen sprechen aktuell von einer guten Geschäftslage, 30 Prozent dagegen von einer schlechten.
Auch im Handwerk trübt sich die Stimmung ein, wenn auch deutlich schwächer als in der Industrie: So bewerten zwar 86 Prozent der Betriebe der Handwerkskammer (HWK) Dortmund ihre derzeitige wirtschaftliche Situation als gut bis zumindest befriedigend, für das nächste Jahr glauben aber nur 73 Prozent an eine gute Lage. „Nahezu alle Konjunkturindikatoren zeigen, wie herausfordernd die aktuelle Situation für unsere Betriebe ist“, sagt Kammer-Präsident Berthold Schröder. Dabei sei die Stimmungslage von Gewerk zu Gewerk unterschiedlich. „Besonders stark betroffen sind die Gesundheits- und Nahrungsmittelhandwerke. Aber auch die Handwerke für den Gewerblichen Bedarf kämpfen mit der angespannten Wirtschaftslage.“
Unternehmen wollen Personal einsparen
Besonders pessimistisch sind die Aussichten in der heimischen Industrie. In Südwestfalen gehen 41 Prozent der Unternehmen von einer weiteren Verschlechterung ihrer Geschäfte aus. Walter Viegener, Präsident der IHK Siegen: „Der Auftragseingang sinkt und mit ihm die Zuversicht. Die Inlandsnachfrage befindet sich im Sinkflug. Die Stimmung hat sich merklich verdüstert und das nahezu überall. Wir reden über Dekarbonisierung, die Unternehmen empfinden es jedoch als Deindustrialisierung.“
Entsprechend schlecht ist auch das Investitionsklima in der regionalen Wirtschaft. Der Anteil der Unternehmen, die ihre Investitionen erhöhen wollen, ist im Kammerbezirk Nord Westfalen zum Beispiel um neun Punkte auf 22 Prozent gesunken. „Auch auf dem Arbeitsmarkt ist der anhaltende Wirtschaftsabschwung angekommen“, sagte Jaeckel mit Blick auf die aktuellen Arbeitslosenzahlen. Die Spuren seien „noch vergleichsweise moderat“. Doch der Anteil der Unternehmen, die die Beschäftigung erhöhen wollen, ist um neun Punkte auf 15 Prozent gesunken, während der Anteil der Unternehmen, die mit weniger Personal planen, um 13 Punkte auf jetzt 25 Prozent gestiegen sei.
Bundesweit leichte Erholung
Die IHKs der Region stellen fest: Die Zuversicht der Wirtschaft auf einen schnellen Aufschwung schwinde, während die Belastungen kontinuierlich zunähmen. Nie zuvor seien die allgemeinen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen von den Unternehmen als so großer Hemmschuh bewertet worden, betont zum Beispiel die SIHK. Sie drängen zur Verbesserung der Lage auf einen zügigen Abbau der Bürokratie, insbesondere bei Planungs- und Genehmigungsprozessen. Außerdem fordern sie Steuererleichterungen, eine Ausweitung des Energieangebots und wettbewerbsfähige Energiepreise für alle Unternehmen. Nur dann könne ein dauerhafter Schaden für den Standort Südwestfalen verhindert werden.
Der Bundestrend ist dagegen etwas positiver. So stieg der Ifo-Geschäftsklimaindex im Oktober auf 86,9 Punkte. Im Vergleich zum Vormonat bedeutet das ein Plus um 1,1 Punkte, so das Münchner ifo Institut mit.
jüb, wsp