Ukraine-Krieg: Westfalen hilft
Große Solidarität mit der Ukraine in Westfalen: Städte, Vereine und Verbände organisieren Unterstützung. Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung ist enorm.
Das Telefon bei Tanja und Klaus Benker steht seit Tagen kaum noch still. Sie sind zwei der drei Verbliebenen im Verein Ukraine-Hilfe e. V. Münster, der im Juli 2015 gegründet wurde, um vor allem Kinder aus dem osteuropäischen Land zu helfen. Ein Jahr zuvor hatte Russland die Halbinsel Krim im Osten der Ukraine annektiert. „Schon damals herrschte Krieg in dem Land, viele Menschen waren auf der Flucht. Wir wollten mit unserem Verein Kindern helfen und haben sie nach Deutschland geholt, mit Ihnen Ausflüge gemacht und ihnen einfach eine gute Zeit ermöglicht“, sagt Benker. Bis zu 100 Mitglieder haben die Arbeit zwischenzeitlich mal unterstützt, sagt der 70-Jährige.
Obwohl der Verein heute eigentlich kaum noch aktiv ist, ist seine Webseite leicht zu finden. Das hat zu einen regelrechten Anfrage-Ansturm in den vergangenen Tagen geführt. „Wir versuchen den Menschen, die helfen wollen, die richtigen Adressen zu geben und weitere Ansprechpartner zu vermitteln“, so Benker. Mehr könne man derzeit nicht tun. Er und seine Frau Tanja, die bis 2010 selbst in Kiew lebte, haben auch Kontakt zu Menschen, die in der Ukraine auf der Flucht sind. „Es gibt lange Wartezeiten an den Grenzübergängen. Das erschwert die Flucht, wir hoffen, dass unsere Bekannten durchkommen.“
„Die Angst ist greifbar“
Auch beim Caritasverband des Erzbistums Paderborn landen Hilfsangebote. Die Mitarbeiter dort verbindet seit dem Atomreaktorunfall in Tschernobyl eine enge Zusammenarbeit mit der Caritas-Spes in der Ukraine. Viele Freunde und einige Mitarbeiter sind noch in der Ukraine. „Wenn wir Gelegenheit haben, mit ihnen zu sprechen, ist die Angst greifbar“, so ein Sprecher des Caritasverbandes.
Aktuell ist ein Transport mit Hilfsgütern unterwegs ins Krisengebiet, erklärt der Sprecher. Er verweist auch darauf, dass Paderborns polnische Partnerstadt dringend Unterstützung benötigt. Przemysl liegt im Südosten des Landes, nahe an der polnisch-ukrainischen Grenze. Tausende Flüchtlinge kommen dort täglich an. „Wer helfen möchte, kann zum Beispiel bei den örtlichen Migrationsdiensten anrufen und dort Quartiere oder andere Unterstützung melden. Auch Übersetzungsdienste für geflüchtete Menschen sind gefragt“, sagt der Sprecher.
Krisenstäbe in den Städten
In vielen Städten in Westfalen werden Krisenstäbe eingerichtet, um die Hilfe zu koordinieren. Damit bereiten sich die Kommunen darauf vor, Menschen aus der Ukraine aufzunehmen. In Arnsberg hat Bürgermeister Ralf Paul Bittner einen Stab für außergewöhnliche Ereignisse (SAE) einberufen, der alle aktuellen Fragen koordiniert, berät und entscheidet. Auch in Münster wurde der Krisenstab aktiviert.
„Die Lage in der Ukraine nach dem russischen Überfall und dessen multipler Folgen entsetzt uns alle. Wir sind uns angesichts dieser humanitären Katastrophe unserer Verantwortung als Stadt Münster bewusst“, sagte Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe . Münster will bis zu 500 Menschen aus dem Kriegsgebiet „adhoc“ eine sichere Unterkunft bieten. Außerdem will man die notwendigen Hilfen für traumatisierte und geflüchtete Menschen wie für die mitbetroffenen Partnerstädte koordinieren. Die kurzfristige Unterbringung und Versorgung der Menschen ist gewährleistet, Lagerbestände zur Erstversorgung sind noch seit der Flüchtlingswelle 2015 verfügbar, teilt die Stadt mit.
Partnerstädte und -kreise werden unterstützt
Landrat Bodo Kimpel sagte für den Kreis Recklinghausen ebenfalls „jede erdenkliche“ Hilfe zu. Seit mehr als 20 Jahren unterhält Recklinghausen eine Partnerschaft mit dem Kreis Wodzisław in Polen. Der Kreis Lippe pflegt seit 2015 eine Partnerschaft mit der Stadt Lutsk im Nordwesten der Ukraine. Im engen Austausch mit den Ansprechpartnern dort werden nun Möglichkeiten der solidarischen Hilfe erarbeitet. Landrat Dr. Axel Lehmann hat sich im Rahmen einer Videoschalte direkt über die Situation vor Ort informiert und sich nach konkreten Unterstützungsmöglichkeiten seitens des Kreises erkundigt, heißt es.
Der Landrat des Kreises Coesfeld, Dr. Christian Schulze Pellengahr, appellierte an die Bevölkerung: „Auch wenn es menschlich absolut nachvollziehbar ist: Bitte sehen Sie davon ab, privat zur ukrainischen Grenze zu fahren, um Kriegsflüchtlinge in den Kreis Coesfeld zu holen.“ Denn die Flüchtlingshilfe werde bereits zentral von Bund und Land NRW organisiert und soll geordnet erfolgen.
jüb/wsp
Wenn auch Sie helfen möchten, erkundigen Sie sich daher bei Ihrer Stadt oder Gemeinde, was aktuell benötigt wird. Viele Hilfsorganisationen haben zudem Spendenkonten eingerichtet.