Examinierte Altenpfleger auch zukünftig in Westfalen händeringend gesucht. Foto: pixelio
18.12.2019

Unternehmen: Fachkräftemangel großes Risiko

Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll qualifizierten Arbeitnehmern aus Nicht-EU-Staaten den Weg nach Deutschland erleichtern. Aus der Region gibt es Zustimmung für die Neuregelung, die am 1. März 2020 in Kraft treten wird. Auch in Westfalen werden Fachkräfte händeringend gesucht.

„Das neue Gesetz geht in die richtige Richtung“, sagt Carsten Taudt, Leiter des Geschäftsbereichs Bildung und Fachkräftesicherung bei der IHK Nord Westfalen. Rund 57 Prozent der Unternehmen IHK-Bezirk Nord Westfalen sehen den Fachkräftemangel als größtes Konjunkturrisiko. Daher sei es gut, wenn die gezielte Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland jetzt erleichtert werde, so Taudt weiter.

Laut der jüngsten Engpassanalyse der Arbeitsagentur NRW aus dem Sommer 2019 werden im Jahr 2030 in NRW rund 735.000 Fachkräfte fehlen. Das entspricht einem relativen Engpass zwischen dem Angebot von Fachkräfte und der tatsächlichen Nachfrage von 13,4 Prozent. Den Prognosen zufolge wird sich der Engpass vor allem im Sozial- und Gesundheitswesen sowie im Bereich der öffentlichen und anderen personalintensiven Dienstleistungen deutlich verschärfen.

Regionale Unterschiede bei einzelnen Berufsgruppen

Dabei gibt es regional große Unterschiede. In Ostwestfalen-Lippe wird es einen starken Engpass bei Fachkräften im Tiefbau geben, für das Münsterland und Südwestfalen ist in diesem Bereich dagegen kein Engpass erkennbar. Auch Softwareentwickler werden in den kommenden Jahren in Ostwestfalen-Lippe nur schwer zu finden sein. Für das Münsterland und Südwestfalen prognostiziert die Arbeitsagentur dagegen nur vereinzelte Engpässe, im Ruhrgebiet fällt der Mangel moderat aus. In einigen Berufsgruppen werden aber in allen Teilen Westfalens Fachkräfte nur sehr schwer zu finden sein. Das gilt für examinierte Altenpfleger, Fachkräfte der Sanitär- und Heizungstechnik sowie Kältetechnik und Fachkräfte der Energietechnik.

In Dortmund, Hamm und dem Kreis Unna prognostiziert der IHK-Fachkräftemonitor NRW bis zum Jahr 2030 einen Fachkräfteengpass von rund 34.000. „Davon wiederum sind etwa 90 Prozent beruflich qualifizierte Fachkräfte, nur etwa jede zehnte fehlende Fachkraft wird akademisch qualifiziert sein“, so die IHK Dortmund. Auch deshalb komme der dualen Berufsausbildung eine so große Bedeutung für die Wirtschaft zu. Aktuell fehlten in der Region Fachkräfte vor allem in der Gastronomie, im Lebensmitteleinzelhandel und im Logistikbereich (Berufskraftfahrer).   

Aktuell ist es für Unternehmen im Bereich der IHK Nord Westfalen besonders schwierig, gut ausgebildete Mitarbeiter im IT-Bereich zu finden. Auch die Gastronomie sucht dort händeringend nach geeignetem Personal. Da könne die neue Einwanderungs-Regelung helfen, glaubt Taudt. Allerdings sei der wichtigste Schritt, um dem Fachkräftemangel zu begegnen, immer noch die eigene Ausbildung in den Unternehmen. Zumal es auch bei zukünftiger Migration Qualifizierungsbedarf geben werde, wie die IHK Dortmund auf Antrage mitteilt. „Die Berufsausbildung unterscheidet sich in vielen Staaten erheblich vom deutschen Ausbildungssystem und viele internationalen Berufsabschlüsse sind nicht 1:1 mit den deutschen vergleichbar“, heißt es dort.

Einwanderung kann nur ein Baustein sein

„Wir unterstützen die neue Regelung ausdrücklich“, sagt auch Klaus Fenster, Geschäftsführer des Bereichs berufliche Bildung bei der IHK Siegen. Der Kammerbezirk für Siegen, Wittgenstein und Olpe zählt aktuell etwa 179.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. „Bis 2030 wird dort jeder fünfte Arbeitnehmer in den Ruhestand wechseln“, so Fenster. Dadurch werde der ohnehin große Bedarf an Fachkräften vor allem im metallverarbeitende Gewerbe und der Gastronomie noch weiter steigen.

Insgesamt sieht Fenster in dem neuen Gesetz im Kampf gegen den Fachkräftemangel nur einen Baustein, „von dem man nicht zu viel erwarten darf“. Die Unternehmen werden es sicher leichter haben, Menschen aus dem Ausland anzuwerben. Davon dürften vor allem die Gastronomie und das Baugewerbe profitieren, glaubt Fenster. Andere Branchen müssten mögliche Kandidaten selbst weiter qualifizieren.

Außerdem müsste man nun auch mitdenken, dass nicht nur die Arbeitnehmer aus dem Ausland nach Deutschland kämen, sondern auch deren Familien. „Wir müssen also auch die Wohn- und Schulsituation mitdenken und den Arbeitnehmern und Familien mit Sprachkursen die Voraussetzungen schaffen, dass sie in Deutschland ankommen“, so Fenster weiter.

jüb/wsp

In Ausgabe 2/2019 hat der WESTFALENSPIEGEL ausführlich über die konkurrierenden Regionen beim Thema Fachkräftemangel berichten. Mehr lesen Sie hier >

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