„Mit dem Rücktritt von Annette Kurschus verliert der ökumenische Motor in unserem Land einen wesentlichen Antrieb“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing zum Rücktritt von Annette Kurschus. Foto: Bistum Limburg
21.11.2023

„Verlieren brillante Theologin“

Mit Respekt und Bedauern haben Vertreter aus den christlichen Kirchen auf den Rücktritt der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche Deutschlands Annette Kurschus reagiert.

So sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing: „Mit dem Rücktritt von Annette Kurschus verliert der ökumenische Motor in unserem Land einen wesentlichen Antrieb. Ich bin dankbar für die Zeit, in der wir miteinander die ökumenische Verantwortung in Deutschland geteilt haben. Annette Kurschus habe ich nicht nur in der Ausübung des Amtes geschätzt, sondern auch als theologische Denkerin mit einer prägenden geistlichen Kraft und mutigen Visionen für ihre Kirche.“

Michael Bertrams Foto: EKvW

Michael Bertrams Foto: EKvW

Kurschus war am Montag nicht nur von ihrem Amt als Ratsvorsitzende der EKD sondern auch als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) zurückgetreten. Dort hat ihr Rücktritt weitere Konsequenzen. Der Kölner Stadtanzeiger berichtet, dass der frühere Präsident des NRW-Verfassungsgerichtshofs, Michael Bertrams, mit sofortiger Wirkung seinen Rückzug aus der Kirchenleitung erklärt hat. Bertrams, der in Telgte lebt, war seit 2012 nebenamtliches Mitglied der EKvW-Kirchenleitung. Kurschus sei „einem nicht gerechtfertigten Vertrauensentzug, verbunden mit einer erschreckenden Lieblosigkeit und Kälte an der Spitze der EKD und in den eigenen Reihen vor Ort zum Opfer gefallen“, heißt es demnach in einem Schreiben Bertrams‘ an die Kirchenleitung. Ohne Kurschus an der Spitze wolle er nicht länger Mitglied dieses Gremiums sein.

Kurschus‘ Entscheidung „richtig“

Die Kirchenleitung der EKvW selbst nahm den Rücktritt ihrer Präses mit Bedauern zur Kenntnis. Zugleich zolle man Kurschus Respekt für ihre persönliche Entscheidung, mit der sie die weitere konsequente Aufarbeitung und Bekämpfung sexualisierter Gewalt gewährleisten will. „Wir verlieren mit Annette Kurschus eine brillante Theologin und Predigerin im Präsesamt“, sagte der Theologische Vizepräsident der EKvW Ulf Schlüter. „Vielen Menschen, auch mir persönlich, tut es sehr leid, sie nicht mehr als Leitende Geistliche unserer Kirche an der Seite zu wissen.“ Dennoch, so Schlüter, respektiere er Kurschus‘ Entscheidung, ihre Ämter aufzugeben, und halte sie für richtig. Schlüter steht der EKvW nun als kommissarischer Leiter vor. Er wird auch die Beratungen der westfälischen Landessynode leiten, die am kommenden Wochenende in Bielefeld zu ihrer Herbsttagung zusammentreten wird.


Ist von ihren Ämtern zurückgetreten: Annette Kurschus Foto: EKD/Jens Schulze

Annette Kurschus hat ihre Leitungsämter in der Evangelischen Kirche niedergelegt. Sie war in die Kritik geraten, weil sie von Missbrauchsvorwürfen gegen einen ehemaligen Kirchen-Mitarbeiter gewusst haben soll. Lesen Sie mehr


Aus den Reihen der Sprecherinnen und Sprecher der Betroffenenvertretung und der kirchlichen Beauftragten des Beteiligungsforums Sexualisierte Gewalt der EKD hatte es in der vergangenen Woche Rücktrittsforderungen gegen Kurschus gegeben, nun schreibt die Vertretung: Kurschus Entscheidung, auf die Ämter zu verzichten, schütze ihre Arbeit vor weiteren Belastungen. Und weiter: „Die Rücktritte können ebenso den weiteren Prozess der Aufklärung – auch bzgl. der Vorwürfe gegen ihre Person – unterstützen. Es existiert nach wie vor ein Widerspruch der Darstellungen zu diesem Aspekt des Falles, der durch unabhängige Fachleute untersucht werden muss.“

Kurschus war in die Kritik geraten, weil sie von Missbrauchsvorwürfen gegen einen ehemaligen Mitarbeiter der evangelischen Kirche in Siegen bereits seit den 1990er Jahren gewusst haben soll.

jüb, wsp

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