
Verlust von Strahlkraft
Das Projekt Tanz OWL gilt seit 2008 als Leuchtturmprojekt. Durch die Kürzung von Fördergeldern des Landes steht es nun vor dem Aus. Auch Tanz-Spielstätten wie das Theater im Pumpenhaus in Münster stehen zunehmend unter Druck.
„Von den Mittelkürzungen für das Regionale Kulturprogramm RKP ist leider auch unser Städtenetzwerk Tanz OWL betroffen. Daher müssen wir unser Informationsangebot auf dieser Seite für das Jahr 2025 einstellen.“ Mit diesen Worten kündigt Tanz OWL auf seiner Website an, seine Aktivitäten einzustellen. Ohne die Förderung des Landes könnten die in jahrelanger Arbeit aufgebauten Strukturen nicht weiter aufrecht erhalten werden, heißt es vom federführenden Kulturamt der Stadt Bielefeld. „Das ist ein großer Verlust für unsere Region, in der es bisher keine strukturelle Tanzförderung gibt, aber auch für die beteiligten Künstlerinnen und Künstler sowie Akteurinnen und Akteure“, sagt Kulturamtsleiterin Brigitte Brand.
„Tanz im ländlichen Raum stärken“
Das Netzwerk Tanz OWL wurde im Rahmen des RKP NRW als Sonderprojekt mit zuletzt 130.000 Euro gefördert. Im Mittelpunkt stand die Zusammenarbeit von Bielefeld, Detmold, Gütersloh, Herford, Minden und Paderborn. Projekte in den einzelnen Städten widmeten sich unterschiedlichen Bereichen von Tanz, wie Community-Dance, der Förderung von professionellen Tanzakteuren sowie dem Amateurbereich. „Es ging darum, Tanz in seinen unterschiedlichen Ausprägungen für ein vielfältiges Publikum im ländlichen Raum zu entwickeln und zu stärken“, sagt Brand. Wichtig dabei war unter anderem die Tanzkonferenz OWL, die der Szene eine Möglichkeit zu Austausch und Vernetzung geboten hat. Nach dem Wegfall der Fördergelder wird diese Veranstaltung vorerst nicht mehr angeboten werden können. „In welchem Rahmen einzelne Tanzprojekte in den Städten der Kulturregion OWL weiterhin stattfinden können, ist unklar. So wird es beim Tanzfestival Bielefeld voraussichtlich Preiserhöhungen für das Publikum und räumliche Veränderungen geben. Damit das Festival überhaupt wie geplant in diesem Jahr stattfinden kann, investiert die Stadt Bielefeld eigene Mittel.
Die NRW-Landesregierung plant für das kommende Jahr einen Rekordhaushalt von rund 105 Milliarden Euro. Der Kulturetat dagegen soll von 315 auf 310 Millionen Euro sinken. Kultur- und Wissenschaftsministerin Ina Brandes spricht von „sehr moderaten Kürzungen“. Angesichts von Kostensteigerungen für Tarifbeschäftigte, Honorare und Energie fällt diese Einschätzung in der Kulturszene jedoch anders aus. Besonders stark von den Kürzungen betroffen ist die Tanzszene, nicht nur in Ostwestfalen-Lippe. Die internationale tanzmesse nrw, die alle zwei Jahre in Düsseldorf stattfindet, erhält 2025/26 keine Fördergelder des Landes. Damit fehlen fast 600.000 Euro im Budget. Das Aus für die weltweit einzigartige Plattform des zeitgenössischen Tanzes habe langfristige Auswirkungen auf Tanzakteure und Einrichtungen, die international arbeiten, betont Heike Lehmke, Geschäftsführerin des nrw landesbüros tanz. „Seit 30 Jahren treffen und vernetzen sich Tanzschaffende aus der Region, aus Deutschland und rund 55 Ländern bei der tanzmesse nrw. Dort werden Kooperationen geschlossen, Gastspiele vereinbart und Wissen ausgetauscht.“
Kunststiftung NRW streicht Fördergelder
Im Mai findet die zehnte Ausgabe des Festivals „tanz nrw“ statt; beteiligt ist auch das Theater im Pumpenhaus in Münster als Produktionsort und Spielstätte von internationalem Tanztheater. Der renommierte Aufführungsort für die freien darstellenden Künste und Tanz spürt bereits Auswirkungen der Kürzungen. „Täglich gehen bei uns mehr und mehr Anfragen für Koproduktionen und Auftrittsmöglichkeiten von Künstlerinnen und Künstlern ein, da sie aufgrund von ausbleibenden oder verspäteten Förderungen auf Institutionen angewiesen sind. Wir versuchen, so gut wie irgend möglich zu unterstützen, sind jedoch langfristig nicht dazu in der Lage, die fehlende Finanzierung mit eigenen Mitteln auszugleichen“, heißt es von dem Theater. Das Pumpenhaus, immer wieder Aufführungsort internationaler Tanzproduktionen, nehme sehr deutlich die politischen Signale für weitere bevorstehende Einsparungen wahr. „Dies macht eine verlässliche Programmplanung unmöglich und verhindert eine langfristige und nachhaltige Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern sowie Ensembles.“

Die deutsch-spanische Tanztheaterproduktion „RE.“ von Cia. Nadine Gerspacher ist am 21. und 22. Februar im Theater im Pumpenhaus in Münster zu sehen. Foto: Nicolas Clausen
Für das Festival „tanz nrw“ sei die Finanzierung mit Landesgeldern 2025 gesichert, sagt Heike Lehmke. Schwierig sei die Situation trotzdem. „Die Kunststiftung NRW hat sich aus der Förderung vollständig zurückgezogen, damit fehlen rund 70.000 Euro. Angesichts von Preis- und Honorarsteigerung ist das umso problematischer.“ Das Kulturrat NRW kritisiert die Kürzungen des Landes scharf. Mit „Tanz OWL“ verliere der ländliche Raum Ostwestfalen ein Leuchtturmprojekt, das Tanz in die Fläche bringt und Teilhabe ermöglicht. Auch das Tanznetzwerk International Dance Artist Service erhält keine Förderung mehr, so dass diese Unterstützung für Tanzkünstlern aus NRW gefährdet ist, berichtet der Kulturrat NRW und zieht das Fazit: „Das Tanzland NRW droht seine internationale Strahlkraft zu verlieren.“
Annette Kiehl, wsp