Der Bund der Steuerzahler kritisiert: Trotz klammer Kassen leistet sich die Stadt Bochum einen Selfiepoint für rund 100.000 Euro. Foto: Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e.V./Andrea Defeld
18.10.2023

Verschwendung aufgedeckt

Ein Pendlerparkplatz, der kaum angesteuert wird, ein teurer Selfiespot und eine Brücke, die doppelt gebaut wurde – das sind die Projekte aus Westfalen, die im Schwarzbuch des Bunds der Steuerzahler (BdSt) aufgeführt sind. 

In Borken wurden 1,43 Millionen Euro in einen „Phantom-Pendlerparkplatz“ investiert, 800.000 Euro kamen aus der Stadtkasse, so schreibt es der Steuerzahlerbund in seinem in dieser Woche veröffentlichten Schwarzbuch. Darin wird verschwenderischer Umgang mit Steuergeldern aufgedeckt. Der Parkplatz in Borken bietet Platz für 204 Pkw, davon sechs Parkplätze für Autos von Menschen mit Behinderung. Zusätzlich wurde auch an Kradfahrer (acht Stellplätze), Fahrer von Elektrofahrzeugen (zwei Ladesäulen, erweiterbar auf neun Ladesäulen) sowie Radfahrer gedacht. In einer überdachten, abschließbaren Abstellanlage finden 50 Fahrräder Platz. Ein Shuttlebus sollte die Parkplatznutzer von dort in die Innenstadt bringen.

Ein Parkplatz, der kaum genutzt wird, wurde in Borken gebaut. Foto: Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e.V./Isabell Raschke

Ein Parkplatz, der kaum genutzt wird, wurde in Borken gebaut. Foto: Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e.V./Isabell Raschke

Der Parkplatz sieht gut aus, wird aber kaum genutzt, bemängelt der Steuerzahlerbund. „Aktuell stellen regelmäßig um die zehn Pendlerinnen und Pendler ihr Fahrzeug und vereinzelt Radfahrende ihr Fahrrad auf dem Parkplatz ab“, heißt es in einem Antwortschreiben der Bürgermeisterin Mechthild Schulze Hessing auf BdSt-Anfrage. Ein Grund für die geringe Nutzung sei die Coronapandemie, denn in dieser Zeit kam verstärkt mobiles Arbeiten und Homeoffice auf, so die Stadt Borken. Dadurch sei der Parkdruck im Innenstadtbereich gesunken. Der Shuttlebus sei inzwischen sogar komplett eingestellt, heißt es im Schwarzbuch. Und einen Hinweis auf den Parkplatz suche man auf der Website der Stadt vergebens.

Verwunderung über negative Aufmerksamkeit

Die Stadt Borken zeigt sich auf Anfrage des WESTFALENSPIEGEL verwundert über die negative Aufmerksamkeit für den Parkplatz. „Bei der Planung wurde ein besonderer Schwerpunkt auf eine ökologische Ausrichtung gelegt. Zudem hat der Parkplatz die nachhaltige Ausrichtung, Autos aus dem Innenstadtbereich zu holen und ein ansprechendes Angebot für Fahrgemeinschaften bereitzustellen, die u. a. zur Reduzierung der Umweltauswirkungen des Individualverkehrs beitragen und zur Verkehrsentlastung führen“, so eine Sprecherin der Stadt. Man sei überzeugt, dass der Parkplatz einen hohen Nutzen hat und dass sich die Auslastung des Pendlerparkplatzes in den nächsten Monaten weiter erhöhen wird. Darüber hinaus eruiere die Stadtverwaltung aktuell die Möglichkeiten zur weiteren Bewerbung des Pendlerparkplatzes.

„Schöner Knipsen mit Steuergeld“

Unter der Überschrift „Schöner Knipsen mit Steuergeld“ führt der BdSt ein Projekt in Bochum auf. Dort errichtete die Stadt für 100.000 Euro einen Selfiepoint vor dem Rathaus. Der Schriftzug „Bochum“ habe das Ziel, eine wiedererkennbare Landmarke zu werden, so die Stadt. In den sozialen Netzwerken sei der Selfiepoint ein gerne genutztes Motiv. Nun werde auch im Bochumer Stadtteil Wattenscheid darüber diskutiert, ob nicht auch diesem Stadtteil ein eigener Selfiepoint gut zu Gesicht stünde. Und das obwohl die Haushaltslage der Stadt im Ruhrgebiet angespannt sei, so der BdSt.

Diese Brücke in Geseke im Kreis Soest muss neu gebaut werden. Foto: Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e.V./Andrea Defeld

Diese Brücke in Geseke im Kreis Soest muss neu gebaut werden. Foto: Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e.V./Andrea Defeld

Auch in Geseke im Kreis Soest bemängelten die Steuerwächter den verschwenderischen Umgang mit öffentlichen Geldern. Dort musste eine Brücke gleich zwei Mal gebaut werden, weil die erste Version nicht den Vorschriften des europäischen Wasserrechts entsprach. Die Brücke führt über Osterschledde, die wiederum unterhalb der Brücke durch ein Rohr fließt. Dieses war aber zu hoch eingebaut worden und wurde für kleine Fische und im Wasser lebende Insekten und Larven zu einem unüberwindbaren Hindernis. 100.000 Euro hat die fehlkonstruierte Brücke samt Umfeldgestaltung gekostet. Nun müssen noch einmal mindestens 50.000 Euro in die Hand genommen werden, um die Fehler zu korrigieren.

jüb, wsp

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