Das Schauspiel Dortmund will in der neuen Spielzeit die verschiedenen Facetten der Stadt einfangen. Foto: Sophia Hegewald
02.06.2023

Voller Staunen

Westfälische Bühnen stellen ihre Programme für die neue Spielzeit vor. Das Schauspielhaus Bochum eröffnet am 1. September mit der deutschen Erstaufführung des Stücks „Früchte der Vernunft“ der finnischen Theatermacherin Saara Turunen.

Das Stück kreist um den weiblichen Körper und die gesellschaftlichen Erwartungen, die diesen umgeben. Die Regisseurin und Autorin war zuletzt mit dem Stück „Das Gespenst der Normalität“ in Bochum vertreten, eine Sezierung der Frage, was denn eigentlich „normal“ ist. Am Eröffnungswochenende der Spielzeit 2023/24 folgen am Schauspielhaus Robert Borgmanns „Dantons Tod. Eine theatrale Installation“ nach Georg Büchner und die Premiere von „Freaks“, eine Inszenierung des jungen Regisseurs Louis Lion Koch nach einem Roman des amerikanischen Literatur-Shooting-Stars Joey Goebel. Am 14. Oktober widmet sich Intendant Johan Simons einem Klassiker der Weltliteratur, Dostojewskijs „Die Brüder Karamasow“. Auch einen musikalischen Abend hat das Schauspielhaus wieder im Programm. In „Club 27 – Songs für die Ewigkeit“ (Premiere: 2. Februar 2024) versammeln Regisseur Guy Clemens und Musiker Stefan Götzer die Lieder jung verstorbener Rockstars wie Janis Joplin, Jim Morrison und Amy Winehouse – und versprechen ein explosives Lebensgefühl.

„Hautnah am Publikum“

„In der nächsten Spielzeit wollen wir da weitermachen, wo wir in dieser Saison aufgehört haben: Hautnah am Publikum sein. Ganz unterschiedliche Geschichten erzählen und Fragen stellen. Fantastische Schauspielerinnen und Schauspieler sich um Leib und Seele spielen lassen“, sagte Simons bei der Spielplanvorstellung in Bochum. Das Schauspielhaus hat ab der neuen Spielzeit eine neue künstlerische Leitung. Neben Simons als Intendant wird Chefdramaturg Dr. Vasco Boenisch Künstlerischer Direktor und stellvertretender Intendant. Auf dessen Position rückt die Dramaturgin Angela Obst auf. Cathrin Rose bleibt weiterhin Leiterin des Jungen Schauspielhauses und des Theaterreviers.

Intendant Johan Simons stellte die Premieren der Spielzeit 2023/24 am Schauspielhaus Bochum vor. Foto: Daniel Sadrowski

Intendant Johan Simons stellte die Premieren der Spielzeit 2023/24 am Schauspielhaus Bochum vor. Foto: Daniel Sadrowski

Auch einige andere Bühnen in Westfalen haben bereits ihre Pläne für die neue Spielzeit vorgestellt. So steht an der Oper Dortmund der „Wagner-Kosmos V“ mit Peter Konwitschnys Neuinszenierung von „Das Rheingold“ sowie deren Ergänzung mit zwei Deutschen Erstaufführungen im Mittelpunkt: Mit „La Montagne Notre“ von Augusta Holmès wird das Opus magnum der einzigen namhaften Komponistin des „Wagnerisme“ erstmals seit seiner Uraufführung 1895 überhaupt in Szene gesetzt. György Kurtàgs Oper „Fin de Partie“ erlebt in Dortmund nicht nur ihre szenische Deutsche Erstaufführung, sondern auch ihre Zweitinszenierung. Zwei Protagonisten der Erstinszenierung an der Scala di Milano 2018 stehen auf der Dortmunder Bühne. Das Schauspiel Dortmund geht mit ihrem Ensemble in die vierte Spielzeit. Der Auftakt wird mit der musikalischen Komödie „Das Kapital: Das Musical“ gefeiert. Darin werden Theaterschaffende mit den Realitäten des Kapitalmarktes konfrontiert. Sie sind gezwungen, ihr Theater zu privatisieren. 

Westfälischer Frieden im Fokus

Am Theater Münster eröffnet Leonard Bernsteins Singspiel „Mass“ am 29. August die Spielzeit. Über 100 Mitwirkende, darunter Sänger und Tänzer sowie Chöre stehen bei dem selten aufgeführten Werk auf der Bühne. Mit Verweis auf das Jubiläum des Westfälischen Friedens steht die Frage im Fokus: „Kann Musik den Weg zu einem friedlichen Miteinander weisen?“ Die Schauspielsparte am Theater Münster eröffnet mit einer deutschen Erstaufführung von Amir Gudarzis „Am Anfang war die Waffe“ – darin wird eine Geburtstagsparty für einen Helden der Waffenindustrie gefeiert. Außerdem im Programm: eine Uraufführung von Annie Ernaux’ Roman „Der junge Mann“, der von einer skandalösen Liebesbeziehung handelt. 

Das Theater Bielefeld stellt den Ausruf „ach“ als Motto über die neue Spielzeit. Der Auftakt wird am 26. August mit einem großen Familienfest rund um das Theater am Alten Markt gefeiert. Einige Premieren stehen an: Die Verwechslungskomödie „Der Mann, der Sherlock Holmes war“ knüpft an den UFA-Film von 1937 mit Hans Albers und Heinz Rühmann an. Mit „Else (Someone)“ von Carina Sophie Eberle nach Arthur Schnitzlers fast 100 Jahre alter Novelle steht eine Uraufführung auf dem Spielplan. Es gehe in der neuen Spielzeit um die Frage, wie wir der Welt begegnen wollen, heißt es vom Theater Bielefeld. Mit einem klagenden „ach je“ oder mit Staunen: „ach wie schön!“

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