22.08.2011

Vom Studium in den Chefsessel: TU Dortmund will erste Adresse für Gründer werden

Dortmund (wh). Ideen für neue Produkte und Dienstleistungen, die Studenten und Forscher in Seminaren oder für Abschlussarbeiten entwickeln, sollen künftig öfter zur Basis des eigenen Unternehmens werden. Mit dem Konzept "tu-startup" will die Technische Universität (TU) Dortmund ihre Studenten und Mitarbeiter beim Schritt in die berufliche Selbstständigkeit unterstützen. Im Wettbewerb "Exist-Gründungskultur: die Gründerhochschule" wurde das Dortmunder Projekt als eins der bundesweit zehn besten ausgezeichnet. Nun gibt es Fördergelder in Höhe von voraussichtlich 3,6 Millionen Euro.
Die Beratung angehender Gründer zählt zwar ohnehin zu den Aufgaben der Hochschulen und wird in Westfalen mit verschiedenen Programmen unterstützt. Mit dem Konzept "tu-startup" will sich Dortmund jedoch zu einem überregionalen Modellstandort für Gründungen aus der Wissenschaft entwickeln. "Unser Konzept bietet langfristig die Chance, dass hochqualifizierte Absolventen in der Stadt und in der Region und damit nah an der Hochschule bleiben und so zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden", erklärt Sebastian Hanny, Koordinator für Unternehmensgründungen an der TU. Ihre Unterstützung sei in Dortmund umso wichtiger, da gerade im Ruhrgebiet die Gründungsquote noch unter dem Bundesdurchschnitt liege und das Potenzial für Innovationen aus den Hochschulen und Unternehmen noch nicht ausgeschöpft sei.
Ein Bestandteil des Dortmunder Konzeptes ist es, bei Studenten und Doktoranten frühzeitig das Interesse zu wecken. So sollen Seminare zu unternehmerischen Kompetenzen künftig Teil der Ausbildung aller Fakultäten mit Gründungspotenzial sein; die Teilnehmer könnten dann Credit Points erhalten. Ist die Entscheidung für den Sprung in die Selbstständigkeit getroffen, helfen Gründungslotsen und vermitteln mit Hilfe der Wirtschaftsförderung oder des Technologiezentrums den Kontakt zu möglichen Geldgebern oder zu einem kostengünstigen Büro. Einige führt der Weg dann nur wenige Straßen weiter in den Dortmunder Technologiepark. Im europaweit größten Komplex dieser Art haben sich in den vergangenen Jahren bereits 280 Firmen der Hightech-Branche mit mehr als 8400 Mitarbeitern angesiedelt.
150 Unternehmensgründungen hat die TU gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung Dortmund und dem Technologiezentrum seit 2002 begleitet. Mit dem "tu-startup"-Konzept soll diese Quote auf bis zu 30 Ausgründungen pro Jahr gesteigert werden. Neben Lehrveranstaltungen sollen besonders Coaching- und Beratungsangebote mit Experten der jeweiligen Branche dazu beitragen. Außerdem will die Universität in Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Technologiezentrum eine Stiftung für Unternehmertum aufbauen, um Geschäftsideen finanziell zu fördern.
Unter den bereits aktiven Gründern sind viele Informatiker und Ingenieure, wie der Elektrotechniker Christian Bott, der in Dortmund seine Diplomarbeit über eine Vorlese-Software für Blinde schrieb. Heute vertreibt er mit seinem Unternehmen Elumo die Programme "Text Scout" und "Pocket Shopper", die Sehbehinderten helfen, im Alltag selbstständig zu leben.
Anika Beller-Kraft zählt mit ihrem Unternehmen Zechenkind zu den bekanntesten Dortmunder Gründerinnen. Sie designt, näht und vertreibt Taschen aus alter Bergmannskleidung. Mittlerweile werden ihre Unikate nicht mehr nur im Ruhrgebiet und über einen Internetshop, sondern sogar in New York verkauft. Die Absolventin des TU-Journalistik-Studienganges bereitete sich in der Diplomphase mit einem Zertifikatsstudiengang für Kreativwirtschaft an der TU auf die Gründung vor. Über zwei Semester lernte sie die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für die Führung des eigenen Unternehmens und entwickelte einen Businessplan. "Ich konnte so bereits im Vorfeld die Schwachstellen meiner Planung erkennen und daran drehen. Das hat die ganze Sache rund gemacht", erzählt Beller-Kraft. "Und vor allem haben mir die Coaches viel Mut gemacht."

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