Der Heimatvereins Bockhorst aus dem Kreis Gütersloh engagiert sich mit dem Projekt "Kiebitz-Kids" für den Nachwuchs – und wurde mit dem "Rolle vorwärts"-Preis des Westfälischen Heimatbundes ausgezeichnet. Foto: Dieter Gorgs
26.11.2021

Vorstand gesucht

Westfalen ist ein Vereinsland. Doch immer weniger Menschen wollen im Vorstandsämtern Verantwortung übernehmen. Das Pilotprojekt „Zukunft des Ehrenamtes in Südwestfalen sichern“ will Ideen entwickeln, um Nachwuchs für die Vereinsführung zu gewinnen.

Ein Initiator des Projektes ist der Sauerländische Gebirgsverein (SGV) – mit rund 32.000 Mitgliedern und 200 Ortsvereinen der größte Freizeit- und Wanderverein in NRW. Schwierigkeiten, Mitglieder zu gewinnen, gibt es bei den Naturfreunden nicht. „Aktivitäten draußen sind gefragt und es gibt eine rege Nachfrage nach Tätigkeiten als Wanderführer oder Wegewart“, berichtet SGV-Geschäftsführer Christian Schmidt. Probleme sieht er dennoch. „Wir beobachten, dass sich Ortsgruppen auflösen, weil der Vorstand ohne einen Vorsitzenden oder auch ohne einen Kassenwart nicht mehr handlungsfähig ist.“ 

Welche Gründe zu dieser Entwicklung führen? Bislang gibt es zu dieser Frage lediglich Erfahrungswerte im SGV. „Ich höre in Gesprächen mit Vorständen von Ortsgruppen immer wieder, dass der Aufwand und die Belastung durch Bürokratie immer größer werden“, sagt Schmidt. „Es geht zum Beispiel um Themen wie Steuern, Haftungsfragen oder auch um den Datenschutz. Zusammen mit den vielen weiteren Aufgaben bedeutet das schon eine große Verantwortung.“ Hinzu kämen unter Umständen Ärger über eine fehlende Wertschätzung für die Vorstandsarbeit oder auch der Umstand, dass engagierte Menschen häufig in mehreren Vereinen aktiv sind. „Dann kommen vielleicht der Punkt, an dem jemand sagt, dass es nun mit dem Ehrenamt genug ist.“

Setzen sich gemeinsam für die Stärkung und Entwicklung des Ehrenamts ein (v.l.n.r.): Thomas Gemke (SGV Präsident), Eckhard Uhlenberg (Präsident der NRW-Stiftung), Dr. Silke Eilers (WHB-Geschäftsführerin) und Christian Schmidt (SGV Geschäftsführer). Foto: Isabell Heimann/ SGV

Setzen sich gemeinsam für die Stärkung und Entwicklung des Ehrenamts ein (v.l.n.r.): Thomas Gemke (SGV Präsident), Eckhard Uhlenberg (Präsident der NRW-Stiftung), Dr. Silke Eilers (WHB-Geschäftsführerin) und Christian Schmidt (SGV Geschäftsführer).
Foto: Isabell Heimann/ SGV

Das Projekt, das der SGV zusammen mit dem Westfälischen Heimatbund (WHB) und weiteren Partnern durchführt, soll über Befragungen von Engagierten und Experten gesicherte Erkenntnisse in Sachen Nachwuchsmangel liefern. In einem zweiten Schritt geht es um mögliche Strategien. Im Rahmen des Strukturförderprogramms Regionale 2025 in Südwestfalen soll ein Leitfaden für das Ehrenamt in Südwestfalen entstehen. „Das Pilotprojekt möchte verbandsübergreifend Lösungen entwickeln, denn das Thema Nachwuchsgewinnung und Vorstandsnachfolge bewegt Vereine unabhängig von ihrem thematischen Fokus“, sagt WHB-Vorsitzender Matthias Löb. „Es geht uns um übertragbare Empfehlungen für eine krisensichere Ehrenamtsarbeit, die zugleich zu einer nachhaltigen Regionalentwicklung beitragen – ein Vorhaben mit Ausstrahlung weit über Südwestfalen hinaus.“ 

NRW-Stiftung fördert mit 100.000 Euro

Wie Ämter als Kassierer, Schriftführer oder auch Jugendwart in Zukunft attraktiv bleiben – diese Frage ist nicht nur für die Vereine wichtig. „Ehrenamtliches Engagement hat einen wichtigen Stellenwert für viele gemeinnützige Anliegen in unserer Gesellschaft. Wir können deshalb auf den unermüdlichen Einsatz der vielen Engagierten nicht verzichten“, betont der Präsident der NRW-Stiftung, Eckhard Uhlenberg. Die Stiftung finanziert die erste Projektphase mit bis zu 100.000 Euro.

Im Mittelpunkt der Initiative steht die Überzeugung, dass es eine große Motivation in der Gesellschaft gibt, andere Menschen zu unterstützen. Christian Schmidt vom Sauerländischen Gebirgsverein erlebt dieses Engagement in zahlreichen Begegnungen mit Freiwilligen: „Viele Meschen wollen sich in den Dienst einer Sache stellen, weil sie Gutes für die Gemeinschaft tun wollen. Das ist immer noch für viele die wichtigste Triebfeder.“

aki/wsp

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