Vorzeigeprojekt Emscher-Umbau
Der 22. März ist Weltwassertag. Wir blicken mit einem Archivbeitrag zu diesem Anlass auf den Abschluss des Emscher-Umbaus zurück.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Umbau der Emscher als faszinierendes Beispiel gelingender Transformation und „leuchtendes Vorbild für ähnliche Prozesse weit über Deutschland hinaus“ bezeichnet. Scholz sprach beim offiziellen Festakt im vergangenen Herbst zum Abschluss des Generationenprojektes Emscher-Umbau. Es gilt als das größte europäische Infrastrukturprojekt der vergangenen Jahrzehnte. 30 Jahre lang wurde daran gearbeitet, dass die Emscher vom Abwasserkanal wieder zu einem natürlichen sauberen Fluss werden konnte. Der Umbau der einstigen Köttelbecke zeige, dass man sich „mutig große Ziele setzen soll“, so Scholz mit Blick auf die „enormen Aufgaben, vor denen unser Land aktuell steht“.
Die Dimensionen des Umbaus sind gigantisch. 430 Kilometer neue Abwasserkanäle wurden unterirdisch errichtet, hinzu kommen vier hochmoderne Kläranlagen und drei Pumpwerke, die mit einer Leistung von zu 13.500 Litern Wasser – das entspricht etwa 68 Badewannen – pro Sekunde arbeiten. Der Emscher-Umbau sei ein Beleg innovativer Ingenieurskunst und guter Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis, lobte der Bundeskanzler das „große Gemeinschaftswerk“. Dass man bei dem 5,5 Milliarden Euro teuren Projekt zudem im vorgegebenen Kosten- und Zeitrahmen geblieben ist, sei ein besonderer Erfolg, so Scholz weiter.
Ein Fluss im Wandel
NRW-Bauministierin Ina Scharrenbach hob als Vertreterin der Landesregierung die gute parteiübergreifende Zusammenarbeit zwischen Bund, Land sowie den Städten und Gemeinden entlang des Flusses mit der Emschergenossenschaft hervor. Weiter sagte sie: „Die Emscher ist ein Fluss im Wandel und hat ihr Gesicht mehrfach verändert: Sie ist vom ursprünglich natürlichen Fließgewässer zum offenen Abwasserkanal in einer dicht besiedelten Industrielandschaft umfunktioniert worden. Nach über 170 Jahren ist die Emscher nun endlich wieder abwasserfrei, die Umwelt erholt sich und erstrahlt in neuer Blüte.“
Artenvielfalt im Ruhrgebiet
Gemeinsam mit Bundeskanzler Scholz und Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft, pflanzte Scharrenbach die ersten Reben für einen Weinberg im neuen Natur- und Wasser-Erlebnis-Park am Wasserkreuz in Castrop-Rauxel. Dort entsteht das sogenannte Emscherland, das symbolhaft für den gesamten Umbau des Flusses steht: Die renaturierte Emscher schlängelt sich kurvenreich in ihrem neu angelegten Flussbett. Radwanderwege lassen die blaugrüne Infrastruktur erfahrbar werden, so die Emschergenossenschaft. Außerdem bildeten Pflanzbeete, Streuobstwiesen und künftig auch Weinberge den Auftakt für das neue blaugrüne Leben im Revier, heißt es.
Der Emscher-Umbau war zu Beginn von großer Skepsis begleitet. „Über allem habe die Frage gestanden: Lässt sich von Menschenhand ein natürlicher Flusslauf schaffen?“, erklärte Paetzel. Heute kenne man die Antwort und stehe voller Stolz an der neuen Emscher. Längst kehrt die Natur zurück. So hat die Emschergenossenschaft bereits mehr als 1000 Tier- und Pflanzenarten registriert, darunter Muscheln, Schnecken, Krebse und einige bedrohte Libellenarten. „Das zeigt uns: Artenvielfalt und Ruhrgebiet funktionieren wunderbar zusammen“, so Paetzel. Doch nicht nur im auch am Fluss entsteht neues Leben. Dazu tragen die zahlreichen neuen Radwege ebenso bei wie Projekte zum Wohnen am Wasser und die blauen Klassenzimmer, die besondere Erfahrungsräume für Kinder bieten.
Jürgen Bröker/wsp